Die in Europa mit Spannung verfolgte Volksabstimmung über den europäischen Fiskalpakt ist in Irland schleppend verlaufen. Heftiger Regen schien zahlreiche Wähler von einer Stimmabgabe abzuhalten. Auch wenn es ein erstes Ergebnis erst heute Nachmittag geben wird, so rechneten doch viele bereits am späten Abend bei der Schließung der Wahllokale ohne Hochrechnungen mit einem Ja zum Fiskalpakt. Umfragen vor dem Referendum hatten eine Zustimmung vorhergesagt. Da aber jeder dritte Wahlberechtigte angab, noch unentschieden zu sein, blieb bei der irischen Regierung bis zuletzt die Angst vor einem Nein.

Die 3,1 Millionen Wähler in Irland sind die einzigen in Europa, die selbst über das Abkommen abstimmen durften, das für mehr Haushaltsdisziplin in Europa sorgen soll. In allen anderen der insgesamt 25 Länder, die den Fiskalpakt ratifizieren wollen, entscheiden die Parlamente.

Anders als etwa bei den Verträgen von Nizza und Lissabon kann ein irisches Nein den Fiskalpakt nicht mehr stoppen, dennoch schauten die europäischen Regierungen mit einer gewissen Nervosität auf das Referendum. Zwar könnte der Fiskalpakt ohne Irland in Kraft treten - denn dazu müssen ihn nur 12 der 17 Euro-Länder ratifizieren. Doch angesichts der Sorgen um Griechenland und Spanien wäre ein Nein aus Irland zweifellos ein negatives Signal. Für die deutsche Regierung wäre es zudem eine Schwächung ihres europäischen Sparkurses. Gegner des Pakts machen Kanzlerin Angela Merkel für den harten Sparkurs verantwortlich und fürchten weitere Härten.

Sinn Féin profitiert

Unabhängig vom Ausgang steht deshalb bereits jetzt fest, wer der Gewinner des Referendums ist: die linksnationale Partei Sinn Féin, früher der politische Arm der katholisch-republikanischen Untergrundorganisation IRA, traditionell stark in Nordirland, aber nur eine Kleinstpartei in der Republik. Sie legte in Umfragen dramatisch zu.

Während Sinn Féin seit 2007 den nordirischen Vize-Regierungschef stellt, war sie in der Republik noch nie an einer Regierung beteiligt. Bei der jüngsten Wahl im Februar 2011 kam Sinn Féin auf 9,9 Prozent der Stimmen - ein Achtungserfolg für die Partei, die in der politischen Kultur Irlands einen Schmuddelkind-Status genießt. In Umfragen liegt die Partei bei 24 Prozent - ein Rekordwert, der nicht zuletzt am Wahlkampf um das Referendum liegt, in dem Sinn Féin unter ihrem Vorsitzenden Gerry Adams in der ersten Reihe der Nein-Kampagne stand. Aus Adams' Sicht ist die Politik des engen Gürtels gescheitert. Die Menschen sollten sich fragen, ob Sparmaßnahmen zu Wachstum und mehr Arbeitsplätzen geführt hätten, sagte Adams. "Die Antwort ist Nein", fügte er hinzu.