Spanien muss sparen. Die Regierung kürzt die Gelder für Schulen, Krankenhäuser und Forschungsinstitute. Aber nun will Madrid eine Milliardensumme in die angeschlagene Großbank Bankia stecken. Die viertgrößte Bank des Landes hatte den Staat um eine Rekordhilfe von über 23 Milliarden Euro gebeten. Die Summe übertraf die schlimmsten Erwartungen der Regierung. Woher soll der - selbst mit Schulden kämpfende - Staat dieses Geld nehmen?

Spaniens Bankenkrise erinnert immer mehr an die Entwicklung in Irland. In beiden Ländern waren Geldhäuser nach dem Platzen einer Immobilienblase in Bedrängnis geraten. In Irland sprang die Regierung den Banken frühzeitig bei, musste dazu aber unter den internationalen Rettungsschirm schlüpfen. In Spanien dagegen blieb das wahre Ausmaß der "faulen" Immobilienkredite lange Zeit verborgen. Die Geldhäuser hofften offenbar darauf, dass die Krise rasch überwunden werde und sie die Finanzprobleme aus eigener Kraft lösen könnten. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als trügerisch. Die Aktien von Bankia waren am Montag nicht einmal mehr ein Drittel des Betrags wert, zu dem sie im Juli 2011 an die Börse gebracht worden waren.

Spanien will Bankia nicht fallen lassen

Die Krise der teilverstaatlichten Bank weckt in der EU neue Befürchtungen, dass Spanien - die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - internationale Hilfe in Anspruch nehmen muss. "Das Gespenst einer europäischen Rettungsaktion ist zurück", schrieb die Zeitung "El Pais". Spanien wird Bankia nicht fallenlassen, denn ein Zusammenbruch hätte gravierende Folgen für sein Finanzsystem.

Madrid werde dem Geldhaus alle Mittel zur Verfügung stellen, die notwendig seien, versprach Wirtschaftsminister Luis de Guindos. Dies ließ die Bank sich nicht zweimal sagen. Sie bat den Staat zusätzlich zu den bereits gewährten Hilfen von 4,5 Milliarden Euro um einen Kapitalzuschuss von 19 Milliarden Euro - doppelt so viel wie der Minister wenige Tage zuvor angenommen hatte. Die Summe von 23,5 Milliarden Euro ist etwa so viel, wie der Staat im Jahr für die Bildung ausgibt.

Die Regierung äußerte sich bisher nicht dazu, wie sie diese Summe aufbringen will. Sie werde für die Bankia-Rettung weder das Haushaltsdefizit erhöhen noch bei den Ausgaben neue Kürzungen vornehmen, kündigte Ministerpräsident Mariano Rajoy an. Nach Medienberichten bieten sich Madrid zwei Möglichkeiten. Die erste bestünde darin, die EU um Hilfen für die Sanierung der Banken zu bitten. Dies schloss Rajoy am Montag rigoros aus.

Finanztechnischer Trick

Die zweite Möglichkeit liefe auf einen finanztechnischen Trick hinaus. Madrid könnte das von Bankia benötigte Kapital mit Staatsanleihen finanzieren, die dem Geldinstitut unter Umgehung der Märkte direkt zur Verfügung gestellt würden. Dieser Weg birgt allerdings, wie "El País" betont, ein großes Risiko: Spanien würde sich durch die Hintertür neue Schulden auflasten und das Misstrauen der Anleger in die Staatsfinanzen verstärken. Damit erhöhte sich die Gefahr, dass Spanien auf den Märkten sich nicht mehr mit frischem Geld versorgen kann und das Land womöglich eine internationale Rettungsaktion - nicht allein für die Banken, sondern für seine Staatsfinanzen - beantragen muss.

Die Regierung erweckt den Eindruck, als würde sie vom Lauf der Ereignisse überrollt. Rajoy hatte erst kürzlich versichert, dass keine Steuergelder für die Sanierung der Banken ausgegeben würden. De Guindos erklärte wenig später, der Bankensektor insgesamt benötige vom Staat weniger als 15 Milliarden Euro. Aber nun verlangt eine einzelne Bank schon mehr als diese Summe. Nach einem Bericht der Zeitung "El Mundo" werden für drei kleinere Banken, die ebenfalls in Staatsbesitz übergegangen waren, weitere 30 Milliarden Euro fällig.