Der immer wahrscheinlichere Sieg des Sozialisten François Hollande bei der französischen Präsidentenwahl beginnt nun, definitiv Einfluss auf den Kurs der Euro-Retter zu nehmen. Das Radikalsparen war einmal. Jetzt ist Wachsen angesagt. Zumindest rhetorisch. Schon Anfang Juni soll bei einem Sonder-EU-Gipfel der Fiskalpakt, der die Sparpolitik festschreibt, durch eine Wachstumsinitiative ergänzt werden. Das kündigt justament die Politikerin an, die in der EU die Sparpolitik gegen massive Widerstände durchgesetzt hat.

Die Finanzpolitik allein reiche nicht aus, um aus der Krise zu kommen, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel der "Leipziger Volkszeitung".

Damit kommt Merkel Hollande symbolisch weit entgegen. Seit Wochen stichelt der Franzose gegen die von Berlin diktierte Politik der Haushaltssanierung. "Deutschland entscheidet nicht allein in Europa", sagte er jüngst.

Damit trifft Hollande bei vielen Ländern, allen voran den Krisenländern des Südens, einen empfindlichen Nerv. Andererseits sollte er seine Möglichkeiten nicht überschätzen. Wenn Merkel nun plötzlich von Wachstum spricht, meint sie damit nicht Wachstum auf Pump, durch neue staatliche Konjunkturprogramme, sondern Strukturreformen.

Streit über Fiskalpakt

Eine Neuverhandlung des Fiskalpaktes, wie sie der Sozialist fordert, "wird es nicht geben", hat die Deutsche wiederholt erklärt. Unterstützung bekam sie dafür nun von Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker. "Die Vorstellung, dass man den Vertrag neu verhandelt, ist eine Wunschvorstellung", sagte der Luxemburger. Auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier forderte seinen Landsmann Hollande auf, den Fiskalpakt zu achten. "Man muss ihn respektieren, ratifizieren und ergänzen, nein: vollenden durch diese Wachstumsinitiative", so Barnier. Woher das Geld dafür kommen soll, ist offen. Der spanischen Tageszeitung "El País" zufolge bereitet die EU-Kommission ein 200 Milliarden schweres Paket für Investitionen in Infrastruktur, Hochtechnologie und erneuerbare Energien vor. Das Geld dafür soll von der Europäischen Investitionsbank (EIB) stammen.

Eine zweite Option wäre es, nicht abgerufene Mittel des ersten Euro-Rettungsschirms als Garantien einzusetzen. Brüssel dementierte den angeblichen "Marshallplan" prompt. Aber die EIB ist als potenzieller Geldgeber hoch im Kurs. Auch Merkel kann sich "vorstellen, die Möglichkeiten der Europäischen Investitionsbank zu verstärken".