Die Anleger an den Finanzmärkten sind nach der Herabstufung der Bonität mehrerer Euro-Staaten am Montag überraschend zügig zur Tagesordnung übergegangen. Die Aktienbörsen machten ihre Anfangsverluste bis zum späten Vormittag wett und der Euro erholte sich etwas von seinem Kursrutsch am Freitag. "Die Herabstufung Frankreichs war allgemein erwartet worden", sagte Andrew Wells, der die Anlage-Entscheidungen am Anleihemarkt beim Vermögensverwalter Fidelity verantwortet. Schlimmer wäre es gewesen, wenn auch Deutschland seine Top-Note "AAA" verloren hätte.

"Gab Abstufungen rund um den Globus"

Auch für Stefan Schilbe, Chefvolkswirt bei HSBC Trinkaus, stellte der Schritt der Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) keinen großen Belastungsfaktor dar. "Man muss ja auch sehen, dass es Abstufungen rund um den Globus gab." So lange es keine Serie von Herabstufungen gebe, würden die institutionellen Anleger sicher nicht die Nerven verlieren. S&P hatte neben Frankreich unter anderem die Kreditwürdigkeit Österreichs, Italiens und Spaniens schlechter benotet.

DAX und Euro-Stoxx-50 notierten nach anfänglichen Verlusten jeweils knapp im Plus bei 6.158 Punkten beziehungsweise 2.338 Zählern. Die Indizes hatten wegen der Spekulationen um eine unmittelbar bevorstehende Herabstufungswelle am Freitag schon verloren. Die Leitindizes der Aktienbörsen von Paris und Wien gaben 0,1 und 0,3 Prozent nach. Der Euro kostete mit 1,2674 Dollar etwas mehr als zum New Yorker Vortagesschluss. Die Gemeinschaftswährung hatte am Freitag allerdings rund eineinhalb US-Cent eingebüßt. "Ich sehe für den Euro in den kommenden Wochen wenig Aufwärtspotenzial", betonte Niels Christensen, Währungsstratege bei Nordea. "Es gibt noch immer zu viele Negativschlagzeilen und zu viele Unsicherheiten."

Rendite und Risikoaufschläge halten sich in Grenzen

Vor der mit Spannung erwarteten Emission französischer Anleihen hielt sich der Anstieg der Renditen und Risikoaufschläge (Spreads) bei den bereits gehandelten österreichischen, italienischen und spanischen Papieren in Grenzen. Nach Aussage von Händlern stützte allerdings die Europäische Zentralbank (EZB) die Kurse italienischer und spanischer Titel. Die Absicherung gegen einen Zahlungsausfall dieser Staaten per Credit Default Swap (CDS) verteuerte sich leicht. Ein erneuter Run auf Bundesanleihen blieb aus. Der Bund-Future hielt sich mit 139,83 Punkten in Reichweite seines Rekordhochs vom Freitag.

Nach Einschätzung des Analysten Jacques Cailloux von der Royal Bank of Scotland (RBS) rufen die Herabstufungen den Anlegern vor allem in Erinnerung, dass die europäische Schuldenkrise noch einige Zeit andauern wird. "Entscheidender ist, dass die Herabstufungen die Erwartungen zementieren, dass weder der EFSF noch der ESM ihr 'AAA'-Rating halten können." Um dies zu erreichen, müssten die europäischen Staaten ihre finanziellen Zusagen für die Rettungsfonds deutlich ausweiten, oder eine geringere finanzielle Schlagkraft akzeptieren. Cailloux' Berechnungen zufolge könnten der EFSF 169 und der ESM 200 Mrd. Euro weniger für Stützungskäufe ausgeben als bisher geplant, wenn sie ihr "AAA"-Rating ohne zusätzliche Finanzspritzen halten wollen. Die Rendite des zehnjährigen EFSF-Bonds notierte fast unverändert bei 3,134 Prozent.