Jean-Claude Juncker hat turbulente Wochen hinter sich. Die Anhörungen der Kandidaten für seine neue EU-Kommission im Europaparlament wurden zur Zitterpartie. Am Ende brachten die Abgeordneten die Slowenin Alenka Bratusek zu Fall, die nicht gerade mit Sachverstand glänzte. Ihre Nachfolgerin wird, obgleich ihre Vita manche Fragen aufwirft, bei ihrer Anhörung am Montagabend weniger Probleme haben.

Denn eine "Große Koalition" aus Konservativen und Sozialdemokraten will, dass Junckers Kommission nun schnell ihr Amt antritt. Die Slowenin Violeta Bulc hat sich bisher auf der europäischen Bühne noch keinen Namen gemacht. Die 50-jährige war als eine von mehreren Vize-Regierungschefs in Slowenien gerade einen Monat in der Politik, als der Ruf nach Brüssel kam.

Nach der Pleite mit Bratusek stand Bulc in besonderem Fokus. Ihr Hang zur Esoterik und der Besuch einer Schamanen-Akademie in Schottland wurden schnell ins Lächerliche gezogen. Die zweifache Mutter ist aber eloquent, spricht fließend Englisch und war als Unternehmensberaterin durchaus erfolgreich. In jungen Jahren spielte sie im ehemaligen Jugoslawien im nationalen Basketball-Team und hat einen schwarzen Gürtel im Kampfsport Taekwondo.

Für Murren in den Parlamentsfraktionen sorgt, dass sie in der neuen Kommission ausgerechnet für Verkehr zuständig sein soll - ein Thema, dass für Bulc Neuland ist. "Die Messlatte liegt hoch", erklärt der SPD-Verkehrspolitiker Ismail Ertug. Der eigentlich für den Posten vorgesehene Slowake Maros Sefcovic hatte bei seiner Anhörung nach Ansicht der meisten Abgeordneten ein gutes Bild abgegeben. Er wird jetzt Vizepräsident in der Kommission mit Zuständigkeit für die Energieunion - bekommt also den Posten, der für die gescheiterte Bratusek vorgesehen war.

Der Druck von oben in den Fraktionen ist groß, die Anhörungen schnell abzuschließen. "Wenn Frau Bulc keinen großen Bock schießt, geht das durch", heißt es bei den Grünen. "Das ist ein Deal, der schon zwischen den großen Fraktionen geschlossen ist."

Alles werde problemlos laufen, wenn Bulc bei der Anhörung keine "bizarren Antworten" gebe, sagt ein Abgeordneter der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP). "Wir werden sie nicht mit Details löchern." Bei Sefcovic, der wegen des Postenwechsels Montagabend auch nochmals in die Anhörung muss, erwartet ohnehin niemand ein Problem.

Abstimmung am Mittwoch

Letztlich könnte der enge Zeitplan das Ergebnis vorwegnehmen. Denn schon am Mittwoch soll das Parlamentsplenum über die gesamte Kommission abstimmen, damit Juncker mit seiner Mannschaft wie geplant Anfang November an den Start gehen kann.

Fünf Monate nach der Europawahl scheint niemand auf Verzögerungen erpicht. "Für uns ist das Wichtigste, dass wir es der Kommission ermöglichen, die Arbeit aufzunehmen", heißt es aus der sozialdemokratischen Fraktion, die gut damit leben kann, dass sie durch die Postenrochade mit Sefcovic nun einen weiteren Vizepräsidenten in der Kommission stellt.

Und der Christdemokrat Juncker hat vor seiner Wahl zum neuen Kommissionspräsidenten im Juli schließlich viel versprochen. Er will ein 300 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm auf die Beine stellen, um das schwache Wachstum in Europa wieder anzukurbeln und Jobs zu schaffen. Woher das Geld dafür genau kommen soll, ist bisher unklar. Die Antwort auf diese Frage ist für viele im Parlament wohl spannender als ein erneutes Muskelspiel im Fall der Kommissarin aus Slowenien.