Bei Schiffsuntergängen sind in den vergangenen sieben Tagen im zentralen Mittelmeer vermutlich mindestens 700 Migranten umgekommen. Die Zahlen gründeten sich auf Aussagen von Überlebenden, teilte Carlotta Sami vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Rom mit. Es seien drei Schiffsuntergänge vom Mittwoch, Donnerstag und Freitag berücksichtigt.

550 Menschen von einem Boot, das am Donnerstag gekentert sei, würden vermisst, sagte Sami. Etwa 100 könnten im Rumpf eines am Mittwoch gesunkenen Schiffes gefangen sein. Bei einem dritten Schiffbruch am Freitag sei die Zahl der Opfer unklar.

Überlebende Migranten hätten auch von Vermissten anderer Flüchtlingsboote berichtet, sagte Sami. "Wenn wir diese düsteren Zahlen zusammenführen, so schätzen wir, dass es mindestens 700 Opfer gibt - ohne Sicherheit in Bezug auf die Zahlen und die Identität der Opfer."

Wasser aufgenommen und gesunken

Das Boot habe im Schlepptau eines größeren Schiffes den Hafen von Sabratha in Libyen am späten Mittwoch verlassen, berichtete die Hilfsorganisation unter Berufung auf Interviews mit geretteten Flüchtlingen von anderen Schiffen. Das Boot habe Wasser aufgenommen und sei gesunken, nachdem der Kapitän des größeren Schiffs die Kappung der Schleppleine angeordnet habe. "Wir haben die Zeugenaussagen mehrerer Geretteter aufgenommen. Sie berichten alle dasselbe", sagte "Save the Children"-Sprecherin Giovanna Di Benedetto.

14.000 Migranten gerettet

Im Verlauf der Woche sind nach Angaben der italienischen Küstenwache und der Vereinten Nationen rund 14.000 Migranten im Mittelmeer gerettet worden. Allein am Freitag seien bei 17 von der Küstenwache koordinierten Einsätzen 2.000 Menschen von den Rettungskräften aufgenommen worden. Wie viele in den vergangenen Tagen beim Versuch, in zumeist einfachen Booten von Afrika nach Europa zu gelangen, ertranken, ist nicht klar.

Die Marine teilte mit, allein in der Nähe eines halbgesunkenen Gummibootes seien 45 Leichen aus dem Meer gezogen worden. Insgesamt starben nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) heuer bis dato 1.475 Menschen auf hoher See.

Regierung sucht dringend neue Unterkünfte

Angesichts der anhaltenden Flüchtlingswelle macht die Regierung in Rom Druck auf die norditalienischen Regionen, mehr Migranten aufzunehmen. Bisher hätten die süditalienischen Regionen Sizilien, Apulien und Kampanien sowie Latium mit der Hauptstadt Rom die größte Last der Flüchtlingsaufnahme übernommen, hieß es in Rom.

Der Streit, wie die Bootsflüchtlinge innerhalb Italiens verteilt werden sollen, wird immer hitziger. Weil Asylverfahren lange dauern, leben in den italienischen Aufnahmezentren etwa 110.000 Menschen. Wegen des Notstands im Süden verlangt Innenminister Angelino Alfano, Provinzen und Kommunen in ganz Italien müssten tausende weitere Plätze bereitstellen, unter anderem in leeren Kasernen oder Turnhallen.