Mit dem achten landesweiten Aktionstag gegen die geplante Reform des Arbeitsrechts erhöhten die Gewerkschaften den Druck. "Das Ziel ist eine wirtschaftliche Blockade, denn die Wirtschaft hat dieses Sozialdumping angeordnet", sagte Pascal Busson von der Gewerkschaft CGT.

In Paris nahmen nach Polizeiangaben mindestens 18.000 Menschen an den Protesten teil, die Veranstalter sprachen von 100.000 Teilnehmern. Am Rande des Demonstrationszugs bewarfen teils vermummte Randalierer die Polizei mit Steinen und Flaschen. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm 36 Demonstranten fest. 15 Beamte wurden laut der Polizei verletzt. Landesweit gab es demnach 77 Festnahmen.

Die Demonstranten errichteten im ganzen Land erneut Straßenblockaden. Im südfranzösischen Fos-sur-Mer nahe Marseille wurde ein 51-Jähriger schwer verletzt, als ein Autofahrer eine Sperre durchbrach. Die Proteste gegen die Pläne Hollandes, der Unternehmen im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit mehr Flexibilität einräumen will, hatten sich schon in den vergangenen Tagen zugespitzt.

Blockaden von Raffinerien und Treibstoffdepots führten zu Engpässen bei Benzin und Diesel und zu langen Schlangen an Tankstellen. Nun nahmen die Gewerkschaften die Stromversorgung ins Visier und riefen zu Streiks in allen 19 Atomkraftwerken auf. Nach Angaben der CGT wurde in zehn Atomkraftwerken die Stromproduktion gedrosselt. Der Netzbetreiber RTE erklärte aber, es gebe keine Probleme bei der Stromversorgung.

Bei den Tankstellen entspannte sich die Lage: Laut dem Erdöl-Industrieverbandes Ufip gab es noch rund in einem Fünftel der etwa 11.500 französischen Tankstellen Engpässe, zuvor war es rund ein Drittel. Das Auswärtige Amt warnte Frankreich-Reisende dennoch vor "Verteilungsengpässen bei Benzin- und Dieselkraftstoff". Die Regierung hatte zuletzt eine harte Linie gefahren und Blockaden räumen lassen.

Premierminister Manuel Valls deutete nun aber Kompromissbereitschaft an: "Es kann immer Veränderungen und Verbesserungen geben", sagte er den Sendern RMC und BFMTV. Es sei aber "ausgeschlossen, den Rahmen zu ändern". Konkrete Angaben zu möglichen Änderungen an der Reform wollte der Sozialist nicht machen. Er widersprach auch einem Vorstoß von Finanzminister Michel Sapin, vom besonders umstrittenen Vorhaben abzurücken, Betriebsvereinbarungen bei Arbeitszeiten Vorrang vor Branchenvereinbarungen zu geben.

Der Premier bezeichnete es in der Nationalversammlung zugleich als "inakzeptabel", ein Land zu "blockieren" und den "wirtschaftlichen Interessen Frankreichs" zu schaden. Laut einer im Sender RTL veröffentlichten Umfrage halten allerdings sechs von zehn Franzosen die Protestbewegung für "gerechtfertigt".

Die französische Regierung hat die Arbeitsrechtsreform auf Druck der Gewerkschaften schon in mehreren Punkten abgeschwächt. Vor zwei Wochen drückte die Regierung die Gesetzesvorlage dann auf einem Sonderweg ohne direkte Abstimmung durch die Nationalversammlung. Der französische Senat wird sich ab Mitte Juni damit befassen. Am 14. Juni - inmitten der Fußball-EM - ist ein weiterer Aktionstag gegen die Reform geplant.