Nach den Drohungen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Streit mit der EU um Visumfreiheit haben sich die Fronten verhärtet. „Bei unseren Zugeständnissen gibt es klare Grenzen“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag beim G7-Gipfel im japanischen Ise-Shima. „Mir ist völlig bewusst, dass wir unsere Maßstäbe nicht dem Rest der Welt aufzwingen können, inklusive der Türkei. Aber die anderen können uns ihre Maßstäbe nicht aufzwingen.“

Erdogan hatte einen Bruch der Abmachungen mit der EU angedroht. Er sagte am Dienstag, ohne Fortschritte bei der Visumfreiheit werde er ein bereits 2013 mit der EU vereinbartes Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen zum 1. Juni platzen lassen. Die EU hatte zuvor deutlich gemacht, dass der angestrebte Termin für das Ende der Visumpflicht zum 1. Juli nicht mehr haltbar ist. Hintergrund ist Erdogans Weigerung, die Anti-Terror-Gesetze der Türkei zu reformieren.

Die Reform ist eine der 72 Bedingungen für Visumfreiheit. Die EU will, dass die Antiterrorgesetze nicht gegen politische Gegner missbraucht werden können, beispielsweise gegen kritische Journalisten. Erdogan wirft der EU dagegen vor, den Kampf gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK schwächen zu wollen.

Tusk sagte beim G7-Gipfel, besonders die Meinungsfreiheit „wird niemals Teil politischer Verhandlungen sein“. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker meinte zu den Aussagen Erdogans: „Drohungen sind nicht die besten diplomatischen Instrumente, die man anwenden kann. (...) Sie werden keinerlei Effekt haben.“ Die EU erwarte, dass die Türkei sich an ihre Verpflichtungen halte.