Die Rebellen, darunter die mit Al-Kaida verbündete Nusra-Front, hätten ihre Offensive gegen Regierungseinheiten in dem Dorf bereits am Donnerstag eingeleitet, teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Khan Touman liegt in der Nähe der wichtigen Fernverkehrsstraße zwischen Damaskus und Aleppo. Für Aleppo ist seit Donnerstag eine 48-stündige Feuerpause in Kraft, die offenbar zunächst auch eingehalten wurde. Anrainer berichteten von relativer Ruhe nach zuvor rund zehn Tagen mit heftigem Beschuss.

Auf internationale Verurteilung stößt inzwischen der Angriff auf ein Flüchtlingscamp mit rund 30 Toten. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass die tödlichen Attacken nur ein zufälliger Unfall gewesen seien, meinte Said Raad al-Hussein vom UNO-Hochkommissar für Menschenrechte in Genf. "Es ist viel wahrscheinlicher, dass sie beabsichtigt waren und einem Kriegsverbrechen gleichkommen

Das Flüchtlingslager in einem von Rebellen kontrollierten Gebiet im Norden des Bürgerkriegslands existiere bereits seit Wochen und sei deshalb klar aus der Luft zu erkennen gewesen. Die UNO würde hart daran arbeiten, die Luftangriffe zu untersuchen. "Wir werden nichts unversucht lassen", um Beweise zu sammeln, sagte Hussein. Erste Berichte darüber, dass die Attacken von der syrischen Regierung durchgeführt wurden, müssten laut UNO-Kommissar erst bestätigt werden.

Auch ein Sprecher Ban Ki-moons nannte es am Freitag in New York "schwer vorstellbar", dass die Angriffe versehentlich erfolgt seien. Sie seien "anscheinend gezielt" geführt worden. Deshalb handle es sich mutmaßlich um ein "Kriegsverbrechen".

Bei der Attacke am Donnerstag auf das Flüchtlingslager im Dorf Al-Kammuna in der Provinz Idlib vor der türkischen Grenze waren nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 28 Menschen getötet und rund 50 weitere verletzt worden. In dem Camp hatten vor allem Familien aus der schwer umkämpften Großstadt Aleppo Zuflucht gesucht. Im Internet verbreitete Videos aus dem Lager zeigten Leichen, Schwerverletzte und brennende Zelte sowie verzweifelt schreiende Bewohner.

Sowohl die syrische Führung in Damaskus als auch Moskau bestritten, dass es Luftangriffe auf das Lager gegeben habe. "Kein russisches oder anderes Flugzeug" habe am Donnerstag das Gebiet überflogen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. "Wir haben die Daten für den Luftraum aufmerksam analysiert. Russische Flugzeuge waren dort nicht unterwegs", sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Er machte die radikale Al-Nusra-Front für den Angriff mit rund 30 Toten verantwortlich.

Entsprechende Meldungen "tendenziöser Medien" seien nicht richtig, erklärte auch die syrische Armeeführung. Vielmehr gebe es Informationen, dass "Terrororganisationen" in letzter Zeit absichtlich zivile Ziele attackiert hätten. Regimegegner hatten zuvor Kräfte der Regierung für den Angriff am Donnerstag verantwortlich gemacht. Dieser stelle einen "eklatanten Verstoß" gegen internationale Konventionen dar, erklärte das Exil-Oppositionsbündnis Syrische Nationale Koalition.

Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, äußerte sich schockiert und erklärte, für einen solchen Angriff auf Zivilisten gebe es keine Rechtfertigung. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach von einer schweren Verletzung humanitären Völkerrechts. Auch die deutsche Regierung zeigte sich entsetzt von den Angriffen. "Die Attacken auf Flüchtlinge, auf schutzsuchende hilflose Menschen, verurteilen wir auf das Allerschärfste", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, in Berlin.

Das Lager liegt in der Provinz Idlib, die bisher im wesentlichen von der syrischen Luftwaffe und ihrem engen Verbündeten Russland angegriffen wurde. Die US-geführte internationale Koalition ist normalerweise weiter im Osten des Landes gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Einsatz. Die Rebellen in Syrien besitzen keine Luftwaffe.