Die Anhänger Sadrs protestierten gegen ein kurz zuvor gescheitertes Votum über eine Regierungsreform, mit der Korruption bekämpft werden sollte. Die Demonstranten im Abgeordnetenhaus schwenkten irakische Fahnen, tanzten und skandierten Parolen zur Unterstützung von Sadr.

Einen solchen Sturm auf die sogenannte Grüne Zone mit ihren zahlreichen Regierungseinrichtungen und Botschaften hat es bisher noch nicht gegeben. Das Gebiet ist durch Betonwände und Kontrollposten gesichert, doch am Samstag kapitulierten Wachen vor dem Ansturm. Internationale Vertretungen wurden abgeriegelt, wie die Vereinten Nationen mitteilten. Am Samstagabend hinderten Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schüssen in die Luft weitere Menschen daran, in die "Grüne Zone" vorzudringen.

Nach Informationen aus dem Umfeld des einflussreichen Klerikers verließen die meisten zwar inzwischen wieder das Parlament, doch Hunderte von ihnen campierten in der Nacht zum Sonntag noch innerhalb des Regierungsbezirks. Tausende weitere Sadr-Anhänger protestierten vor den Toren der "Grünen Zone", wo sie schon seit Wochen für Reformen und ein Ende der Korruption auf die Straße gehen. Sadr ruft zum Sturz der Regierung von Ministerpräsident Haider al-Abadi auf.

Abadi hatte nach Massenprotesten 2015 Reformen versprochen, traf damit aber auf Widerstand. Dann kündigte er eine Kabinettsumbildung an und scheiterte erneut. Er wollte unabhängige Experten auf die Posten von Ministern setzen, die nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit ausgewählt worden waren. Dieses Proporzsystem gilt als einer der Gründe für die Korruption. Abadi warnte immer wieder, die Krise behindere den Kampf gegen den IS. Die Miliz hat weite Teile im Norden und Westen des Landes unter ihrer Kontrolle.

Doch am Sonntag traf ein IS-Anschlag auch den Süden: Im Zentrum der Stadt Samawa detonierten laut Polizei zwei Autobomben, mindestens 33 Menschen wurden getötet. Weitere 75 Menschen seien bei den Attentaten auf ein Verwaltungsgebäude und einen nahe gelegenen Busbahnhof verletzt worden, berichteten die Polizei und Sanitäter.

Zu dem Angriff bekannte sich der IS - wie auch zu einem Selbstmordanschlag, der bereits am Samstag in Bagdad 23 Menschen das Leben gekostet und 38 verletzt hatte. Ein IS-Kämpfer soll demnach einen mit Sprengstoff beladenen Laster inmitten von schiitischen Pilgern in die Luft gesprengt haben. Durch den Aufstieg des IS haben sich die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten im Irak verschärft.