"Die Ukraine wird die Gerichtsfarce gegen Nadija Sawtschenko nie anerkennen", sagte Präsident Petro Poroschenko am Dienstag in Kiew. Es werde Sanktionen gegen "alle Beteiligten an der Verfolgung" der 34-Jährigen geben, kündigte er an.

Moskau und Kiew schließen Deal nicht aus

Ein russisches Gericht hatte Sawtschenko am Dienstag für schuldig befunden, bei einem Kampfeinsatz im Kriegsgebiet Ostukraine maßgeblich für den Tod zweier russischer Reporter verantwortlich zu sein. rainische Soldatin Nadeschda (Nadija) Sawtschenko in einem Mordfall zu 22 Jahren Lagerhaft verurteilt. "Das Gericht hat keinen Grund, den Angaben der Zeugen der Anklage nicht zu glauben", sagte Richter Leonid Stepanenko am Dienstag Agenturen zufolge. Sawtschenko weist die Vorwürfe zurück.

Poroschenko bekräftigte seine Bereitschaft, Sawtschenko gegen zwei bei Gefechten im Donbass gefangen genommene russische Staatsbürger auszutauschen. Der Kampf um die Befreiung der Kampfpilotin trete nun in die "entscheidende Phase", sagte er in einer Videobotschaft. Auch Moskau hat einen Deal mit Kiew bisher nicht ausgeschlossen.

Verurteilung erhöht Chance auf Austausch

Mit dem Urteil gegen Sawtschenko steigt Beobachtern zufolge die Chance auf einen Austausch gegen in der Ukraine gefangene Russen. Dafür müssten diese aber zunächst verurteilt werden. "Der Ukraine bleibt nichts anderes übrig, als einige für Russland wichtige Bürger mit erdachten Anschuldigungen zu 20 bis 30 Jahren zu verurteilen", kommentierte der Kiewer Journalist Denis Kasanski.

Zudem wird der Fall mit dem umstrittenen Prozess gegen den ukrainischen Regisseur Oleg Senzow verglichen, der im August wegen Terrorismusvorwürfen in Russland zu 20 Jahren Haft verurteilt worden war. Auch er könnte Teil eines Tauschgeschäfts werden, das nach offiziellen Angaben aber noch in weiter Ferne ist.

Russland wird wegen des Prozesses international scharf kritisiert. Neben der Ukraine fordern auch westliche Partner die Freilassung Sawtschenkos. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier will bei einem Besuch an diesem Mittwoch in Moskau mit der russischen Führung unter anderem über den Fall sprechen. Dank internationaler Unterstützung werde Sawtschenko ihre Strafe nicht absitzen, meinte ihr Anwalt Mark Fejgin. "Das garantiere ich Ihnen."

Sawtschenko unterbrach Urteilsverkündung

Mit der Bekanntgabe des Strafmaßes endete die zweitägige Urteilsverkündung, die der Richter am Montag bereits mit der Feststellung eingeleitet hatte, dass er Sawtschenko für schuldig halte. Kurz vor dem Finale heizte sich die Stimmung im Gerichtssaal noch einmal auf. Richter Stepanenko unterbrach die Verlesung, weil Sawtschenko lautstark eine abgewandelte Version eines ukrainischen Volksliedes anstimmte, wie in einer Videoübertragung im Internet zu hören war.

"Oh, Richter, Richter, ihr die meinen! Zwei Jahre habt ihr mich gerichtet. Weiter richten werdet ihr nicht, selbst in Gefängnissen werdet ihr sitzen!", sang sie mit kräftiger Stimme. Eine ähnliche Version war bei den Protesten auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz (Maidan) 2014 kursiert. Kritiker sehen in dem Prozess gegen Sawtschenko eine Fortsetzung des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine, der mit dem Umsturz von 2014 seinen Lauf genommen hatte.