Es sah nach einer echten Skandal-Aufdeckung aus: Die Abteilung Migration, Integration und Wohnen des Sozialamtes der sächsischen Stadt Chemnitz gab angeblich einen Gutschein für ein Mobiltelefon im Wert von 200 Euro an Asylwerber aus. Einzulösen sei der Gutschein bei der Elektrofachmarktkette „Media-Markt“. Der Facebook-Nutzer oder die Facebook-Nutzerin Micha Gerlach zeigte das vermeintliche Dokument und empörte sich: „Bekommen die jetzt schon alles in den Arsch geschoben?“ Sein Facebook-Post wurde rasch zig Mal geteilt und die Kommentare dazu waren zum Teil noch um einiges rassistischer als Gerlachs Ursprungskommentar. Es entstand eine Woge der Empörung über die „Freikarten“.

Nutzer Micha Gerlach
Nutzer Micha Gerlach © Facebook

Viele verstanden den Fake aber offenbar nicht, dabei liegen die „Freikarten“ auf einem Umschlag, der besrtempelt ist mit der Aussage: „Das Problem heißt Rassismus“. Das sollte eigentlich alles erklären. Doch den Hinweise konnten viele Nutzer nicht richtig deuten. Auch deshalb funktionierte die von Micha Gerlach geplante Aktion so gut. Nachdem genügend Seiten von „Pegida“ und Co. den Post geteilt hatten – insgesamt gab es fast 200 Shares – änderte Gerlach nachträglich seine Statusmeldung – und auf allen Seiten erschien nun ein Beitrag „Ich bin ein strohdummer Nazi.“ Mit einem Trojaner, auch Honeypot genannt, verwandelten sich daraufhin auch die Beiträge der anderen Nutzer.

Nutzer Micha Gerlach
Nutzer Micha Gerlach © Facebook

Nach der Aktion in Clausnitz, wo Rechtsextreme einen Bus mit Flüchtlingen mit „Wir sind das Volk“-Rufen begrüßten, habe laut Gelach eine eine Antwort hergemusst. „Diese bekommen die Deppen nun in Form unserer Aktion“, schrieb der Facebook-Nutzer, der die Seite unter dem Namen „Micha Gerlach“ am Freitag lediglich für diesen Hack angelegt hatte und sich danach gleich verabschiedete. Jeder Dreck werde in den sozialen Netzwerken blind geteilt, schreibt er.

Micha Gerlach
Micha Gerlach © Facebook

Er gibt sich als Mitglied von Anonymous aus und kämpft nach eigenen Angaben gegen „Schwachköpfe und Rassisten“. Gerlach markierte auf Facebook alle Hinweise, die den Fake von Vornherein entlarven hätten können und postete noch eine Auswahl von Kommentaren zu dem ursprünglichen Bild. Wer sich hinter „Micha Gerlach“ verbirgt, ist nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Allerdings baten einige Nutzer die österreichischen Fake-Aufdecker von Mimikama.at um Hilfe. Diese fanden auch „alle Fehler“, wie Micha Gerlach schreibt. Doch für die meisten Nutzer war das bereits zu spät.