Wer darauf zählte, Hillary Clinton würde als sichere Siegerin der US-Wahl 2017 ins Weiße Haus einziehen, hat sich getäuscht: Bei den Vorwahlen in New Hampshire musste sie sich dem linken Senator Bernie Sanders geschlagen geben. Um mehr als 20 Prozentpunkte hängte er die Favoritin ab - noch deutlicher, als es die Umfragen prognostiziert hatten.

Bitter für Clinton: Als Sanders in den Ring stieg, galt er als chancenlos, als linker Alt-Sozialist. Als ein weißhaariger 74-Jähriger, der es noch einmal wissen wollte. Das Clinton-Team hat ihn völlig unterschätzt. Katerstimmung macht sich nun breit. Der 74-jährige selbst ernannte "demokratische Sozialist" Sanders, der eigentlich sozialdemokratische Positionen vertritt, kommt mit seiner Forderung nach einer gerechteren Einkommensverteilung vor allem bei jungen Wählern und Frauen gut an. Angesichts des Einflusses reicher Wahlkampfspender in den USA will Sanders eine "politische Revolution" erreichen, um die Demokratie wieder in die Hände der Bevölkerung zu legen, wie er sagt. "Es ist einfach zu spät für die gleiche alte Establishment-Politik und Establishment-Wirtschaft", sagte Sanders in seiner Siegesrede. "Die Leute wollen echte Veränderungen."

Dass man eine neue Strategie braucht, ist nun auch der ehemaligen Außenministerin klar: "Ich habe noch einiges an Arbeit vor mir, vor allem bei den Jungen", sagte Clinton gestern.

Kampfansage

Auch bei den Republikanern ist das Ergebnis in New Hampshire eine Kampfansage der Bürger an das Partei-Establishment: Dort fuhr der rechtspopulistische Geschäftsmann Donald Trump seinen ersten Sieg ein. Das Rennen um die Nachfolge Obamas bleibt völlig offen.

Dennoch ist noch für keinen der Kandidaten das Rennen gelaufen. Sanders Schwachstelle: Er punktet bei Weißen, hat aber wenig Rückhalt in Bundesstaaten wie South Carolina, wo Schwarze fast 30 Prozent ausmachen. Und dort stehen bald die nächsten Vorwahlen an. Zweites Problem: Sanders könnte bald das Geld ausgehen. 75,1 Millionen US-Dollar hat er laut "New York Times" an Spenden zusammenbekommen, 46,7 Millionen hat er davon schon ausgegeben. Vielleicht beschert ihm der Sieg in New Hampshire noch einmal einen Aufwind, was das Geld angeht.

Negativ-Schlagzeilen

Auf die bisherige Favoritin kommen dennoch harte Zeiten zu: Selbst wenn ihr die Umfragen für die Vorwahlen in anderen Bundesstaaten Erfolge voraussagen, bedeutet die Niederlage in New Hampshire einen Dämpfer und wochenlange Negativ-Schlagzeilen.

Jeb Bush abgeschlagen

Was sowohl die Demokraten als auch die Republikaner verband: Die Vertreter des Establishments hatten in New Hampshire einfach keine Chance - ob sie nun Hillary Clinton oder Jeb Bush heißen. Der Ex-Gouverneur von Flordia und Präsidentenbruder rang mit dem erzkonservativen Senator Ted Cruz um den dritten Platz. Cruz lag mit 11,6 Prozent und knapp vor Bush mit 11,2 Prozent. Cruz hatte vor einer Woche die erste Vorwahl gewonnen. Die Wählerschaft in New Hampshire gilt allerdings als weniger konservativ als in Iowa. Vor allem die evangelikalen Christen, unter denen Cruz viele Unterstützer hat, spielen hier eine geringere Rolle.

Der kubanisch-stämmige Senator Marco Rubio, den bis zum Aufstieg Trumps viele für den Favoriten auf Seiten der Republikaner hielten, lag den Teilergebnissen zufolge bei rund zehn Prozent und musste damit einen Rückschlag hinnehmen. In Iowa hatte Rubio mit gut 23 Prozent noch den dritten Platz belegt. New Jerseys Gouverneur Chris Christie holte in New Hampshire knapp acht Prozent, die Ex-Managerin Carly Fiorina gut vier Prozent und der frühere Neurochirurg Ben Carson etwa zwei Prozent.