Die österreichische Flüchtlingsobergrenze von 37.500 Personen werde "relativ bald" erreicht sein, sagte der Außenminister. Mit Blick auf den befürchteten Rückstau in den Ländern entlang der Westbalkanroute räumte Kurz ein, es könne "natürlich eine Zeit lang die herausfordernde Situation geben, dass Flüchtlinge versuchen, durchzukommen". Man müsse aber versuchen, sie zu stoppen.

Er glaube nicht, dass die Masse der Flüchtlinge nach der österreichischen Grenzschließung dazu übergehen werde, in Serbien bleiben zu wollen. Vielmehr werde es "dazu führen, dass sich wesentlich weniger Menschen auf den Weg nach Europa machen", sagte der Außenminister. Unverständnis äußerte er in diesem Zusammenhang über kroatische Medienberichte, wonach die Länder entlang der Balkanroute mit Österreich einen Direkttransport aus Mazedonien nach Österreich vereinbart hätten. "Ein schneller Weitertransport wird nicht die Lösung sein", betonte Kurz. Schließlich habe gerade die Professionalisierung des Weitertransports der Flüchtlinge "dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg gemacht haben".

Dacic machte wie zuvor schon Ministerpräsident Aleksandar Vucic klar, dass auch Serbien seine Grenze abriegeln werde, wenn der Weitertransport der Flüchtlinge nicht mehr möglich sei. "Wir sind Österreich dankbar, dass es uns informiert über die Probleme, die es hat", sagte Dacic. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem "Dominoeffekt". Wenn im "oberen Teil der Balkanroute" die Grenzen geschlossen werden, "dann muss Serbien auch eine ähnliche Entscheidung treffen". Er wies darauf hin, dass im Vorjahr 600.000 Flüchtlinge durch Serbien gereist seien, in den ersten fünf Wochen dieses Jahres seien es weitere 56.000 gewesen. "Sie können nicht in Serbien bleiben, wir haben die Möglichkeiten dafür nicht", so Dacic. In offensichtlicher Anspielung an Ungarn fügte er hinzu, dass sich Serbien "europäischer verhalten hat als manche europäische Länder".

"Wir dürfen nicht zulassen, dass die Migration zu einem unlösbaren Problem für die Westbalkanländer wird", erklärt Dacic und forderte eine "europäische Lösung". Zumindest sollten sich die betroffenen Staaten aber besser absprechen. Bisher sei die Haltung der europäischen Staaten "nicht allzu einheitlich" gewesen. "Jeder hat einen Zugang, der im Zeichen seiner eigenen Interessen steht", beklagte der serbische Außenminister.

Zuvor hatte der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic klargemacht, dass sein Land die Grenzen "schützen" werde, sollte es einen Rückstau von Flüchtlingen geben. "Es gibt Grenzen, wie weit Serbien gehen kann", sagte Vucic am Dienstag nach einem Treffen mit Kurz in Belgrad.

Sollten Österreich, Slowenien und Kroatien seine Grenzen für Flüchtlinge schließen, werde Serbien "reagieren müssen", um sein Territorium und sein Volk zu schützen. "Wir werden uns an die europäischen Grundsätze halten, dabei aber unser nationales Interesse wahren", betonte Vucic. Belgrad werde "keine Mauern und Zäune errichten", weil die serbischen Sicherheitskräfte stark genug seien, das Staatsgebiet zu schützen. Personelle Unterstützung von den EU-Staaten benötige Serbien nicht, möglicherweise aber technische Unterstützung.

"Ich sehe keine Lösung in Mauern, und das denke ich auch jetzt noch", bekräftigte der serbische Premier sein Eintreten für eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise. In diesem Zusammenhang wiederholte er das Angebot Belgrads, sich an der Quotenregelung zur Aufteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU zu beteiligen.

"Wir verstehen ganz gut, mit welchen Schwierigkeiten Österreich zu kämpfen hat", sagte Vucic. Er wies darauf hin, dass Österreich zwei Milliarden Euro für die Aufnahme von 90.000 Flüchtlingen habe aufwenden müssen. "Serbien kann das nicht." Das Land werde nicht zulassen, dass der Flüchtlingszustrom seine wirtschaftliche Zukunft gefährde, betonte der Ministerpräsident.

Serbien und Österreich vereinbarten auch einen gemeinsamen Aktionsplan für eine noch engere Kooperation auf dem Weg in die EU. Dieser Aktionsplan sei von "riesiger Bedeutung" für Serbien, betonte Vucic. Unter anderem wird darin das Ziel, noch heuer sechs weitere Kapitel in den EU-Beitrittsverhandlungen Serbiens zu eröffnen, festgehalten. Konkret hob Vucic die Ausbildung junger serbischer Diplomaten im österreichischen Außenministerium hervor und die Einrichtung eines kontinuierlichen Dialogs auf Vizeminister-Ebene. Auch beim Dialog zwischen Belgrad und Pristina soll die Kooperation intensiviert werden. Im wirtschaftlichen Bereich wolle Serbien von Österreich lernen, sagte Vucic mit Blick auf die heutige Unterzeichnung eines Memorandums zur Übernahme des österreichischen dualen Lehrlingsausbildungssystems durch Serbien.