Mit Schuldsprüchen ist am Montag der Prozess gegen ein mutmaßliches Jihadisten-Paar zu Ende gegangen. Der 25-jährige Wiener, der mit seiner nach islamischen Recht angetrauten Ehefrau nach Syrien reisen wollte, um sich laut Staatsanwaltschaft der Al-Kaida zugehörigen Al-Nusra-Front anzuschließen, wurde zu 22 Monaten unbedingte Haft verurteilt. Die 17-Jährige erhielt 14 Monate bedingt.

Beide Urteile sind nicht rechtskräftig. Beide Rechtsvertreter erbaten sich drei Tage Bedenkzeit. Staatsanwältin Stefanie Schön gab keine Erklärung ab.

Schöffensenatsvorsitzende Daniela Zwangsleitner sah es als erwiesen an, dass die beiden nach Haram an der Grenze zur Türkei reisen wollten, um die Al-Nusra-Front zu unterstützen. Dass der junge Mann bereits von 2011 bis 2013 in Pakistan für die Al-Kaida gekämpft hätte, wie er es Verwandten erzählt haben soll, konnte in dem Verfahren nicht bewiesen werden. Von diesem Vorwurf wurde der 25-Jährige freigesprochen.

Die 17-jährige Tochter eines vor 30 Jahren nach Österreich ausgewanderten Türken hat den 25-Jährigen vor zwei Jahren über Freunde kennengelernt. Nachdem sie von zu Hause weglief und die Schule nicht mehr besuchte, brachte sie plötzlich den gebürtigen Georgier, der im Alter von zwei Jahren nach Wien kam, mit nach Hause und stellte ihn ihrer Familie vor.

Heirat

Der junge Mann, der in seiner Jugend zum Islam konvertierte, kam in Begleitung seines Vater, weil er der türkischen Familie klar machen wollte, dass er das damals 15-jährige Mädchen bereits nach islamischem Recht geheiratet habe. Die Eltern der Jugendlichen fielen aus allen Wolken, willigten jedoch ein, das junge Paar zu unterstützen - obwohl sie bereits zu dem Zeitpunkt die Veränderung an ihrem Kind bemerkten, denn das sonst modern gekleidete Mädchen verhüllte sich plötzlich mit einem Schleier. Der Familie kam nach einigen Monaten zudem zu Ohren, dass der neue Schwiegersohn vor Jahren für die Terrororganisation Al-Kaida gekämpft haben soll.

Laut Anklage soll sich der junge Mann zwischen Oktober 2011 und August 2013 im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet aufgehalten und für eine Untergruppe der Al-Kaida gekämpft haben. Der 25-Jährige soll dort eine eingehende Waffenausbildung und auch eine Glaubensschulung durchlaufen haben. Bei einem Gespräch mit der Familie soll er schlussendlich von seinen Kampfhandlungen in Pakistan berichtet haben.

"Er hat in Pakistan zwei Jahre für die Al-Kaida gegen die Amerikaner gekämpft", erzählte die 22-jährige Schwester der Angeklagten. Dann sei er jedoch aufgegriffen und sechs Monate dort im Gefängnis gesessen. Erst als sein Vater "einen Batzen Lösegeld" gezahlt habe, sei er freigelassen und ausgewiesen worden. "Ich bin ausgezuckt an dem Tag", erzählte die Schwester. "Der Typ ist gefährlich. Er hat es geschafft, aus meiner Schwester in acht Monaten einen anderen Menschen zu machen."

Neues Leben in Syrien

Als das Paar davon sprach, sich in Syrien ein neues Leben aufbauen zu wollten, schrillten bei der Familie alle Alarmglocken. Der 25-Jährige wollte mit seiner jungen Frau nach Haram, nahe der türkischen Grenze. "Für mich war nun eine Grenze überschritten, dass er meine Schwester in den Tod mitnehmen wollte", sagte die 22-Jährige.

Der Vater des Mädchen versuchte in Gesprächen, bei denen er ständig auf Wunsch des Schwiegersohns das Handy abschalten musste, die beiden zu überreden, in ein anderes muslimisches Land zu ziehen - in eine Gegend, wo kein Krieg ist. "Ich habe gesagt, wenn der Krieg vorbei ist, könnt ihr leben, wo ihr wollt", sagte der 50-jährige Vater vor der Schöffenvorsitzenden Daniela Zwangsleitner. "Ich hatte Angst, dass er sich einer terroristischen Vereinigung anschließt und dort kämpft." Er habe gehört, dass dort 15-jährige Mädchen verschleppt oder als lebende Bombe missbraucht worden sind.

Der 25-Jährige, der sich nicht schuldig bekannte, leugnete, mit der Al-Kaida etwas zu tun zu haben. Vielmehr hätte die Familie diese Geschichte erfunden, um ihn und seine Ehefrau auseinander zu bringen. Dass er vor Jahren in Pakistan im Gefängnis saß und abgeschoben wurde, begründete er wegen einer fehlenden Aufenthaltsbewilligung.

Am 30. April 2015 wurde das Paar festgenommen, als es über Istanbul nach Syrien reisen wollte, um sich laut Anklage der Al-Kaida zugehörigen Al-Nusra-Front anzuschließen. Die Schwester hatte sich gemeinsam mit den Eltern kurz zuvor an das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gewandt. Seither sitzt der junge Mann in U-Haft. Seine Ehefrau befindet sich auf freiem Fuß.

Angeklagter unter Tränen

"Mein einziger Wunsch ist, dass sie Nachsicht haben, Frau Vorsitzende", sagte der 25-jährige Angeklagte, der wegen des Verdachts, einer terroristischen Vereinigung anzugehören, am Montag in Wien vor Gericht stand. "Wir haben gelitten und haben unsere Lehren gelernt." Und: "Wir (seine Frau und er, Anm.) wollen wieder gemeinsam sein", sagte der Beschuldigte unter Tränen in seinem Schlussplädoyer.

Nachdem dem 25-Jährigen die Aussagen der Zeugen - die Einvernahmen wurden in Abwesenheit des Angeklagten geführt - hörte, schüttelte er ständig den Kopf. Er bleibt, dabei, dass er in Pakistan war, aber nicht für Al-Kaida gekämpft, sondern ein einfaches, karges Leben als Moslem führen wollte. Die Reise nach Istanbul diente dazu, die Hochzeit nachzuholen, da dort eine Heirat auch mit 17 Jahren möglich sei, sagte sein Rechtsvertreter Wolfgang Bernt.