Wegen ihres umstrittenen neuen Mediengesetzes gerät Polen zunehmend unter Druck der EU-Kommission. "Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen", sagte der auch für Medienpolitik zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Dafür werde er sich bei der nächsten Sitzung der EU-Kommission am 13. Jänner einsetzen. Dort soll, wie am Sonntag bestätigt wurde, über die Lage der rechtsstaatlichkeit in Polen beraten werden. Denn Polen hat generell einen eher radikalen Kurs eingeschlagen: Eine Entmachtung der Verfassungsrichter wurde noch vor dem Mediengesetz beschlossen - hier lesen Sie mehr dazu.

Verstoß gegen europäische Grundwerte?

Der Rechtsstaatsmechanismus, der 2014 eingeführt wurde, sieht einen verstärkten Dialog mit einem Mitgliedsland vor, wenn die EU-Kommission Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit befürchtet. Wenn das Mitglied nicht auf Änderungswünsche der Kommission reagiert, droht ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte. Am Ende könnte der Entzug von Stimmrechten stehen. Die neue rechtskonservative Regierung in Polen strebt umstrittene Änderungen bei den öffentlich-rechtlichen Medien an. Eine Gesetzesreform sieht die direkte Ernennung und Abberufung der Senderchefs durch die Regierung vor.

Oettinger äußerte sich besorgt über die Gesetzesänderung: "Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür", sagte der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft der Zeitung. "Je größer unsere Sorge ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion einbüßen könnte, nämlich die Bürger unabhängig zu informieren, desto mehr müssen wir die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden stärken", fügte er hinzu.

Außenminister weist Kritik zurück

Polens Außenminister hat sich gegen die Kritik aus der EU-Kommission verwahrt. "Wir wollen lediglich unseren Staat von einigen Krankheiten heilen, damit er wieder genesen kann", sagte Witold Waszcykowski im Interview mit der deutschen Tageszeitung "Bild" (Montagausgabe). Bei den Medien sei unter der Vorgänger-Regierung ein bestimmtes linkes Politik-Konzept verfolgt worden. "Als müsse sich die Welt nach marxistischem Vorbild automatisch in nur eine Richtung bewegen - zu einem neuen Mix von Kulturen und Rassen, eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energie setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen." Das habe mit traditionellen polnischen Werten nichts zu tun.