Unter dem Eindruck der Anschläge von Paris haben sich die EU-Innen- und Justizminister am Freitag auf eine dauerhafte Verschärfung der Kontrollen an Europas Außengrenzen geeinigt. Zudem wollten die Mitgliedsstaaten künftig härter gegen Waffenschmuggler vorgehen, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve nach einem Krisentreffen der EU-Innen- und Justizminister am Freitag in Brüssel.
"Wir müssen hart reagieren und wir müssen schnell reagieren." Zudem vereinbarten die EU-Staaten eine engere Kooperation von Polizei und Justiz im Anti-Terror-Kampf. Die EU-Staaten wollen außerdem ihre Pläne für ein europäisches Flugpassagierdatenregister verschärfen. Der EU-Ratsvorsitzende und luxemburgische Innenminister Etienne Schneider sagte nach dem Sondertreffen am Freitag in Brüssel, auch innereuropäische Flüge müssten einbezogen werden. Ein europäisches PNR-System sollte Bewegungen der Terroristen und "Foreign Fighters" verfolgen. Die Speicherfristen müssten ausreichend lange sein, nämlich ein Jahr und nicht einige Monate, forderte Cazeneuve.
Bekämpfung des Waffenhandels
Ein weiterer Schwerpunkt der EU-Innenminister ist die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels. "Wir können nicht mehr länger warten. Wir haben schon zu lange gewartet", sagte Cazeneuve. Er dankte der EU-Kommission, dass sie bereits am Mittwoch eine Ausweitung der Richtlinie zu Schusswaffen vorgeschlagen hat. Es soll gewährleistet werden, dass die Neufassung so schnell wie möglich verabschiedet wird. Wesentlich sei auch die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels auf dem Balkan. Mit der EU-Kommission soll bis Jahresende ein Aktionsplan ausgehandelt werden.
Auch EU-Bürger müssen sich somit bei der Ein- und Ausreise in die EU etwa an Flughäfen darauf einstellen, polizeilich überprüft zu werden. Die Minister hätten die EU-Kommission aufgefordert, den Schengen-Grenzkodex entsprechend abzuändern, sagte der Innenminister von Luxemburg, das derzeit die Treffen leitet, Etienne Schneider.
Frankreich zufrieden
Cazeneuve zeigte sich zufrieden mit dem Beschluss der EU-Innenminister. Dadurch könnten ausländische Kämpfer besser erkannt werden. Frankreich werde an den Grenzkontrollen festhalten, solange die Terrorgefahr bestehe. "Wir dürfen nicht auf ein weiteres Drama warten, um schneller voranzugehen."
Dem Schengenraum gehören 22 der 28 EU-Staaten an sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. Innerhalb des Gebiets gibt es normalerweise keine Grenzkontrollen. An den Außengrenzen müssen schon bisher alle Ein-und Ausreisenden einer "Mindestkontrolle" unterzogen werden, welche "die Feststellung ihrer Identität anhand der vorgelegten oder vorgezeigten Reisedokumente ermöglicht". Bei Unionsbürgern dürfen weitergehende Kontrollen wie ein Abgleich mit nationalen oder europäischen Polizeidatenbanken aber nur "auf nicht systematische Weise" erfolgen.
Kontrollen auch für EU-Bürger
Dies bedeutet, dass umfassende Kontrollen nach bisherigem Stand auch für EU-Bürger nur für bestimmte Zeit oder auf bestimmten Routen erfolgen dürfen. Die Minister einigten sich den Angaben zufolge aber nun darauf, diesen Spielraum so weit wie möglich auszunutzen, bis die Änderung des Schengenkodex erfolgt ist. Im Entwurf der Abschlusserklärung heißt es dazu, die Mitgliedstaaten würden "sofort die notwendigen systematischen und abgestimmten Überprüfungen an den Außengrenzen umsetzen".
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos forderte den Aufbau eines europäischen Geheimdienstes. "Ich glaube, dies ist der Moment, um einen Schritt weiter zu gehen und die Basis für die Schaffung eines europäischen Geheimdienstes zu legen", sagte Avramopoulos "Wir müssen unsere Zusammenarbeit auf Vertrauen und Effizienz gründen."
Vorschlag ist umstritten
Dieser Vorschlag ist allerdings höchst umstritten, da die Geheimdienstarbeit in die nationale Kompetenz der EU-Staaten fällt. Der deutsche Innenminister Thomas De Maiziere lehnte die Schaffung eines europäischen Geheimdienstes am Freitag bei dem Sondertreffen ab. Stattdessen sollten die Staaten besser Informationen austauschen, sagte er.
Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forderte eine bessere Koordination und kritisierte "Defizite im Informationsaustausch zwischen Polizei und den Nachrichtendiensten". Dieser Austausch sei vor allem auch wichtig, um Finanzströme bzw. die Finanzierung zu stoppen. Im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung funktioniere die EU-Koordination laut Mikl-Leitner "sehr gut", vor allem im Kampf gegen den Terror gebe es aber "Luft nach oben".
Bekämpfung der Terrorfinanzierung
Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) fordert einen stärkeren Fokus auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Österreich habe bereits sehr strenge Strafen gegen die Finanzierung von Terrorismus, sagte Brandstetter am Freitag in Brüssel. "Wer auch immer dem IS Öl abkauft, unterstützt den Terrorismus", sagte Brandstetter. Zur Bekämpfung der Radikalisierung muslimischer Jugendlicher hätten sich die EU-Justizminister bereits verständigt. Hier gelte es, sich besser zu koordinieren und voneinander zu lernen. Das Phänomen sei zu vielfältig, es gebe "keine Patentrezepte".
Frankreich hatte das Sondertreffen der EU-Innen- und Justizminister nach den Anschlägen von Paris vom vergangenen Freitag beantragt. Mehrere Gruppen von Attentätern hatten in einem Konzertsaal, in Lokalen sowie in der Nähe eines Fußballstadions 129 Menschen getötet. Mehrere der aus Frankreich und Belgien stammenden Täter sollen zeitweise in Syrien gewesen und dann nach Europa zurückgekehrt sein.