In Kroatien hat sich am Sonntagabend bei den Parlamentswahlen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem von den Sozialdemokraten (SDP) geführten regierenden Wahlbündnis "Kroatien wächst" und der oppositionellen "Patriotische Koalition", mit der nationalkonservativen HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) an der Spitze, abgezeichnet. Erste offizielle Ergebnissen wurden gegen 22:00 Uhr erwartet.

Laut Exit-Polls, die vom Sender RTL Televizija und dem Staats-TV HRT veröffentlicht wurden, konnten beide Bündnisse mit jeweils rund 56 Mandaten im 151 Abgeordnete umfassenden Parlament rechnen. Davon werden 140 Sitze bei den Wahlen vergeben, die übrigen sind Fix-Mandate, etwas für nationale Minderheiten.

Königsmacher könnte die neue Partei Most (Brücke) werden, die demnach mit 18 Plätzen den dritten Platz belegte. Die neue Partei sieht sich als Gegenspieler der sozialdemokratischen SDP und der nationalkonservativen HDZ. In der Vergangenheit lagen Nachwahlbefragungen in Kroatien sehr nahe am endgültigen Wahlergebnis. Am Sonntag wurden rund 30.000 Wähler befragt.

Erste Parlamentswahlen seit EU-Beitritt

Es waren die ersten Parlamentswahlen in Kroatien seit dem EU-Beitritt des Landes 2013. Die Abstimmung ist entscheidend für die Flüchtlingspolitik in einem der wichtigsten Transitländer auf der Balkanroute.

Im Wahlkampf hatte die HDZ für einen schärferen Umgang mit den Flüchtlingen geworben. Seit Mitte September sind mehr als 330.000 Menschen aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern durch Kroatien geströmt. Rund 5.000 Flüchtlinge passieren derzeit täglich die Grenze zu Serbien. In Kroatien wollen nur wenige von ihnen bleiben.

Die bisher sozialdemokratische geführte Regierung in Zagreb zeigte Flüchtlingen gegenüber Mitgefühl, gegenüber den Nachbarländern, die sich die Flüchtlinge gegenseitig zuschoben, dagegen Härte. Das stieß in Teilen der Bevölkerung auf Sympathien, die aus ihren eigenen Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung im Balkankrieg (1991-1995) den Vertriebenen aus Syrien und anderen Staaten mit einem gewissen Verständnis begegnet.

Das Land mit 4,4 Millionen Einwohnern, das zu den ärmsten EU-Mitgliedern gehört, kämpft mit einer Arbeitslosigkeit von etwa 16 Prozent. Allerdings stehen die Zeichen auf Wachstum. Die EU-Kommission erwartet in diesem Jahr mit 1,1 Prozent den ersten Zuwachs seit 2008. Im kommenden Jahr dürfte es sich auf 1,4 Prozent beschleunigen. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic warb daher auch mit dem Slogan "Kroatien wächst".