Spätestens der geschmacklose Galgen für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat es gezeigt: Pegida ist immer noch da. Und die Anhänger der antiislamischen Bewegung marschieren erneut zu Tausenden durch Dresden. Ein Jahr nach der ersten Pegida-Demonstration hat die Gruppe wieder deutlich mehr Zulauf.

Das von Lutz Bachmann gegründete Bündnis versucht mit Stimmungsmache gegen die Asylpolitik Kapital aus der aktuellen Flüchtlingskrise zu schlagen. Seit Oktober vergangenen Jahres nutzt die antiislamische Pegida-Bewegung Dresden als Bühne für ihren Protest. Nahezu wöchentlich gehen ihre Anhänger montags auf die Straße, um gegen die "Asylflut" zu demonstrieren, und wettern auch gegen die "Lügenpresse" und die Regierung.

Die Stimmung ist mittlerweile aggressiver, wiederholt wurden Journalisten angegriffen. Bei Sprüchen wie "Asyltourismus stoppen" oder "Islam ist Unterwerfung - Stoppt die Invasion jetzt!" schwingen fremdenfeindliche Untertöne mit.

Schwache Filialen

Die zahlreichen -Ableger in anderen deutschen Städten spielen indes kaum noch eine Rolle. Vor allem in Leipzig marschiert die deutlich radikalere und von Rechtsextremisten durchsetzte Legida noch regelmäßig auf, auch in München gibt es einen harten Kern von aus der Neonazi-Szene unterstützten Pegida-Demonstranten.

In Dresden mobilisierte Pegida zuletzt nach unabhängigen Schätzungen am vergangenen Montag bis zu 8.500 Menschen. Das ist zwar noch weit entfernt von den 25.000 Demonstranten zu Hochzeiten, aber es waren im Frühjahr auch schon deutlich weniger. Damals wurde nach der Spaltung der Bewegung sogar über das nahende Ende von Pegida spekuliert. Im Jänner hatten Ex-Sprecherin Kathrin Oertel und mit ihr die halbe Führungsspitze der Anti-Islam-Bewegung hingeworfen und einen eigenen Verein gegründet.

Auch Bachmann zog sich zu Jahresbeginn offiziell aus der Pegida-Spitze zurück, nachdem ein Foto von ihm in Hitler-Pose und ausländerfeindliche Äußerungen im Internet öffentlich wurden. Er mischte aber weiter mit, sonnte sich in einem Auftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders in Dresden und blieb die dominierende Figur bei Pegida, während die Abtrünnigen um Oertel längst in der Versenkung verschwunden sind. Bei der Dresdner Oberbürgermeisterwahl holte die Pegida-Kandidatin Tatjana Festerling im Juni fast zehn Prozent.

Inzwischen ist Bachmann allerdings ins Visier der Justiz geraten, ihm droht ein Prozess wegen Volksverhetzung. Vor wenigen Tagen erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage gegen den Pegida-Gründer. Ihm wird vorgeworfen, im September vergangenen Jahres auf seiner Facebook-Seite Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber unter anderem als "Gelumpe" und "Viehzeug" beschimpft zu haben. Er habe damit zum Hass gegen Flüchtlinge aufgestachelt, erklärte die Anklagebehörde.

Die sächsischen Landesregierung hat indes immer noch keine klare Strategie im Umgang mit Pegida. Die Opposition wirft der CDU-geführten Regierung vor, sie habe zu lange Verständnis für Pegida gezeigt und den Rechtsextremismus zu lange verharmlost. Pegida habe Täter zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte motiviert, sagen Kritiker. Tatsächlich fand Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der noch im Jänner fand, der Islam gehöre nicht zu Deutschland und Sachsen, erst nach den fremdenfeindlichen Ausschreitung etwa in Heidenau deutliche Worte - und forderte einen "Aufstand" gegen Hass und Gewalt.

Ob Pegida auf der Straße bleibt oder stärker in die Politik drängt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Bachmann kündigte schon vor Wochen die Gründung einer Partei an, die dann auch bei Landtagswahlen, etwa in Baden-Württemberg, antreten solle.

Für Dresden bleibt Pegida so oder so ein Problem. Oberbürgermeister Dirk Hilbert sprach bereits vor einiger Zeit von einem "dramatischen Imageproblem". Der Wissenschaftsstandort Dresden leidet - und natürlich der Tourismus.