Nach dem Tod von bis zu 200 Flüchtlingen bei Schiffsuntergängen vor der Küste Libyens haben Sicherheitskräfte des Landes drei mutmaßliche Schlepper festgenommen. Die Männer seien zwischen 21 und 29 Jahre alt, erklärte das libysche Innenministerium am Samstag. Ihre Festnahme in der Stadt Zuwara im Nordwesten des Landes sei nach der Befragung von Überlebenden erfolgt.

Vor der Küste von Zuwara waren in dieser Woche zwei Boote mit rund 500 Flüchtlingen an Bord gekentert. Nach Angaben der libyschen Küstenwache kamen dabei rund 200 Menschen um. Der libysche Rote Halbmond sprach von 117 Toten; 198 Menschen seien gerettet worden.

Nach Angaben der auf Malta ansässigen Organisation Migrant Report wird den Festgenommenen vorgeworfen, mehr als 430 Flüchtlinge auf ein später gekentertes Holzboot gepfercht zu haben. Auf Bildern des Innenministeriums hielten die Beschuldigten Fotos mit ertrunkenen Kindern in der Hand. Es ist einer der wenigen Fälle, in denen die libyschen Behörden gegen Schlepper vorgehen.

Sündenböcke

Migrant Report zitierte jedoch nicht näher genannten Informanten aus Zuwara mit der Aussage, bei den Festgenommenen handle es sich lediglich um Sündenböcke. "Das sind die Leute, die die Schmutzarbeit machen", erklärten die Informanten demnach. "Sie sind Teil eines Schmugglernetzwerks, aber dabei nur die Fußsoldaten."

Dem UNHCR zufolge sind in diesem Jahr bereits mehr als 300.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Immer wieder kommt es auf See zu schweren Bootsunglücken. Dieses Jahr kamen laut UNHCR bereits etwa 2500 Menschen ums Leben oder werden vermisst.

Die Küstenstadt Zuwara gehört zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge. Tausende versuchen, von hier aus nach Europa zu kommen. Die libyschen Behörden sind mit der großen Anzahl Flüchtlinge überfordert, weil es an Ausrüstung und Geld fehlt.

Seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar Gaddafi im Jahr 2011 versinkt das ölreiche Land im Chaos. Derzeit konkurrieren zwei Regierungen und zwei Parlamente miteinander. Zudem bekämpfen sich zahlreiche Milizen, die nicht zuletzt vom Schmuggel leben, und zum Teil große Gebiete beherrschen.