Nach dem Tod eines palästinensischen Kleinkinds bei einem Brandanschlag im Westjordanland hat Israels Regierung erste Schritte im Kampf gegen jüdische Extremisten angekündigt. Verteidigungsminister Moshe Yaalon genehmigte die Verhängung der bisher nur gegen Palästinenser angewandten sogenannten Verwaltungshaft, die es erlaubt, Verdächtige ohne Anklage praktisch uneingeschränkt festzuhalten.

In der Zwischenzeit gab es vielerorts erneut Proteste und Zusammenstöße. "Dem jüdischem Terrorismus muss mit denselben Mitteln begegnet werden wie dem arabischen Terrorismus", ließ Yaalon am Sonntag mitteilen. Ziel der Verwaltungshaft ist es, dass Ermittlern somit theoretisch die Möglichkeit gegeben werden soll, Beweise zu sammeln und zugleich weitere Anschläge zu verhindern. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte am Sonntag eine "Null-Toleranz-Politik" gegenüber den Tätern an. "Wir sind entschlossen, Hass, Fanatismus und Terrorismus von welcher Seite auch immer rigoros zu bekämpfen", erklärte er.

Nach dem Anschlag auf die palästinensische Familie und einer Messerattacke eines ultraorthodoxen Juden auf eine Homosexuellenparade mit sechs Verletzten in Jerusalem steht die Regierung zunehmend unter Druck, stärker gegen jüdische Extremisten vorzugehen. Zwar hatte Netanyahu beide Anschläge scharf verurteilt und im Fall des Brandanschlags von "Terrorismus" gesprochen, dennoch werfen viele seiner rechtsgerichteten Regierung vor, das Problem nicht ausreichend anzugehen.

Auch die Palästinenser erklärten, nur wenig Hoffnung in eine Regierung zu setzen, an der die nationalistische und religiöse Rechte sowie Anhänger des Siedlungsbaus beteiligt sind. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas wies seinen Außenminister an, wegen des Anschlags Beschwerde beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einzureichen.

Bei dem Brandanschlag bei Nablus im Westjordanland war in der Nacht auf Freitag das Haus der palästinensischen Familie Dawabja getroffen worden. In den Flammen verbrannte der eineinhalbjährige Ali. Der Vater erlitt Verbrennungen dritten Grades, die Mutter und der vierjährige Bruder wurden ebenfalls lebensgefährlich verletzt. Sie alle kämpfen noch um ihr Leben. Für den Anschlag werden radikale jüdische Siedler verantwortlich gemacht. Diese attackieren regelmäßig Palästinenser und deren Häuser, umgekehrt sind Siedler auch immer wieder Ziel von Angriffen radikaler Palästinenser.

Nach dem Brandanschlag gab es gewaltsame Proteste von Palästinensern mit weiteren Todesopfern. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee wurde am Freitagabend ein junger Palästinenser im Westjordanland angeschossen, er starb später im Krankenhaus. Am Samstag gab es bei seiner Beerdigung im Flüchtlingslager Jalason neue Zusammenstöße. Auch im Gazastreifen kam es zu Gewalt. Israelische Soldaten erschossen nach palästinensischen Angaben einen Palästinenser, der sich nach israelischen Angaben unerlaubt einem Grenzzaun näherte.

Im Norden des Westjordanlands gab es am Samstag Auseinandersetzungen zwischen jüdischen Siedlern und Palästinensern. Sie bewarfen sich mit Steinen, bis die israelische Armee das Gebiet zur militärischen Sperrzone erklärte. Am Sonntag kam es zu Zusammenstößen vor der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem, wo nach Polizeiangaben maskierte Palästinenser Steine auf Sicherheitskräfte warfen. Später beruhigte sich die Lage wieder.

In Israel gab es am Samstag in verschiedenen Städten Anti-Gewalt-Proteste. Bei einer Kundgebung in Tel Aviv äußerte sich auch Ex-Präsident Shimon Peres. "Diejenigen, die gegen israelische Araber hetzen, sollten nicht überrascht sein, wenn Kirchen und Moscheen brennen und wenn letztlich nachts ein Baby verbrennt", sagte er. Offenbar waren die Worte indirekt an Netanyahu gerichtet, der im Wahlkampf mit kritischen Äußerungen über arabische Wähler polarisiert hatte.