Palästinensischen Sicherheitskräfte zufolge drangen in der Nacht vier maskierte Siedler in das Dorf Duma bei Nablus im Norden des Westjordanlands ein und legten Feuer an zwei Häusern. Anschließend seien sie geflüchtet. Mehrere Mauern am Tatort beschmierten sie mit Parolen: "Rache", "Es lebe der Messias" und "Den Preis zahlen" stand dort neben einem Davidstern, wie der Armeerundfunk berichtete. Demnach warfen zwei maskierte Täter Brandsätze auf die Gebäude.

Dabei wurde das Haus der Familie Dawabsheh getroffen. In den Flammen verbrannte nach palästinensischen Angaben der anderthalbjährige Ali, seine 26-jährige Mutter wurde lebensgefährlich verletzt. Sie kam mit Verbrennungen dritten Grades an 90 Prozent des Körpers in eine israelische Klinik, wie ein israelischer Arzt im Rundfunk sagte. "Ihr Leben ist in Gefahr", sagte der Mediziner. Der Vater erlitt demnach Verbrennungen an 80 Prozent des Körpers. Auch der vierjährige Bruder wurde bei dem Anschlag lebensgefährlich verletzt. Berichten zufolge wurde außerdem ein kleines Mädchen bei dem Brand verletzt.

In einem seltenen Telefonat mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas verurteilte Netanyahu die Tat. "Jeder in Israel ist schockiert über diesen verwerflichen Terrorakt", sagte Netanyahu am Freitag nach Angaben seines Büros. Netanyahu versprach Abbas umfassende Ermittlungen zur Aufklärung des Verbrechens. Zuletzt hatte Netanyahu Abbas am 17. Juli zum Ende des Fastenmonats Ramadan angerufen. Davor herrschte mehr als ein Jahr Funkstille zwischen den beiden Politikern. Netanyahu und Israels Präsident Reuven Rivlin besuchten die Mutter und den Bruder des getöteten Kleinkinds im Krankenhaus.

Abbas forderte seinerseits Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Täglich würden "von Israelis Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit am palästinensischen Volk verübt". Der Vizechef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, gab der israelischen Regierung die Schuld. Diese repräsentiere eine "Pro-Siedlungs- und Apartheidskoalition".

Während die radikalislamische Hamas mit Anschlägen auf israelische Soldaten und Siedler drohte, gingen Tausende Palästinenser im Westjordanland aus Wut über den Brandanschlag auf die Straße. Dabei gab es Zusammenstöße mit israelischen Soldaten. An der Beerdigung des kleinen Buben in Duma nahmen Tausende Trauergäste teil.

Der Angriff auf das Haus rief auch international Empörung hervor. Die US-Regierung rief alle Seiten auf, nach der "bösartigen Terrorattacke" Ruhe zu bewahren. Die EU-Kommission verlangte "eine vollständige und sofortige Untersuchung" des Anschlags. Die israelische Regierung müsse die örtliche Bevölkerung schützen und dürfe "Siedlergewalt" nicht tolerieren.

Die Gewalt seitens der Siedler sei "zu einer echten Epidemie geworden", sagte der Leiter der israelischen Menschenrechtsorganisation "Peace Now", Yaariv Oppenheimer. Er kritisierte die "Nachsicht" der Behörden mit denen, die Palästinenser angriffen oder Hass schürten. Im Mai hatte die israelische Organisation Yesh Din Zahlen veröffentlicht, wonach mehr als 85 Prozent palästinensischer Klagen gegen Siedlerangriffe zu den Akten gelegt würden.

Radikale Siedler attackieren regelmäßig Palästinenser und deren Häuser, umgekehrt sind Siedler auch immer wieder Ziel von Angriffen radikaler Palästinenser. Derzeit leben fast 400.000 israelische Siedler im seit dem Jahr 1967 von Israel besetzten Westjordanland und fast 200.000 weitere in Ostjerusalem. Die internationale Staatengemeinschaft betrachtet alle jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten als illegal.

Unterdessen erschossen israelische Soldaten im nördlichen Gazastreifen einen Palästinenser und verletzten einen weiteren. Die Männer hätten sich einem Grenzzaun genähert, woraufhin die Soldaten das Feuer auf sie eröffnet hätten, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen. Ein 27-Jähriger sei seinen Verletzungen erlegen, der zweite Mann werde behandelt.