Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen hat eine neue Rekordzahl bei der Belegung zu vermelden: An die 4.300 Flüchtlinge waren am Montag auf dem Areal untergebracht, bestätigte das Innenministerium. Betten stehen in Traiskirchen derzeit für lediglich 2.300 Asylwerber zur Verfügung, davon 480 in bereits errichteten Zelten. Unterdessen wurde am Abend bekannt, dass mehr als 200 Flüchtlinge  von der Polizei in einem Zug aufgegriffen worden. Die Gruppe befand sich im Nachtzug von Budapest nach München

Alle Flüchtlinge, die sich derzeit in Traiskirchen aufhalten, werden versorgt, teilte das Innenministerium mit. Dennoch würden für rund 2.000 Personen keine Betten zur Verfügung stehen. Auch eine weitere Zahl musste in den vergangenen tagen in die Höhe revidiert werden: Die Prognose von 70.000 Asylwerbern, die im Laufe des Jahres nach Österreich kommen, erweise sich "mehr als realistisch", hieß es im Innenministerium. Auch 80.000 werden nicht ausgeschlossen.

Mehr als 6000 pro Woche in Bayern

Erstmals hat die Zahl illegaler Einreisen nach Bayern an einem einzigen Tag die 1000-er Grenze überschritten. Am vergangenen Samstag registrierte die Bundespolizei mehr als 1.100 illegale Grenzübertritte - so viele wie nie zuvor. Nach Angaben der Bundespolizeidirektion vom Montag war auch die komplette vergangene Woche mit knapp 6.000 Fällen neuer Rekord.

"Die Zahlen steigen bereits seit langem kontinuierlich, seit rund drei Monaten sogar explosionsartig", heißt es in einer Mitteilung der Bundespolizei. Bayernweit seien im vergangenen Jahr rund 23.500 unerlaubte Einreisen erfasst worden. Heuer seien es bereits in den ersten sechs Monaten mehr als 32.000 gewesen. Die meisten illegalen Einwanderer kämen über die deutsch-österreichische Grenze, bevorzugt in den Landkreisen Rosenheim und Passau

Kooperation gefragt

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hofft indes auf mehr Kooperation der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen. "Ich würde mir nichts mehr wünschen als, dass viele Gemeinden in den nächsten Tagen und Wochen ihren Widerstand aufgeben", sagte sie am Montag bei einer Tagung zum Thema. Peter Webinger, Gruppenleiter für Asyl und Migration, sprach von einer "Unterbringungskrise".

Mikl-Leitner
Mikl-Leitner © APA/HERBERT P. OCZERET

Die Tagung im Innenministerium beschäftigte sich weniger mit den tagespolitischen Aspekten des Asylwesens als mit langfristigen Lösungsansätzen. "Oft habe ich den Eindruck, dieses Thema beginnt an der österreichischen Staatsgrenze", kritisierte Webinger die Schlagseite der öffentlichen Diskussion. Die Wurzeln der Flüchtlingsströme lägen allerdings in den Ursprungsländern, wo man ebenfalls ansetzen müsse - "Wir sehen die Bäume, aber wie schaut eigentlich der Wald aus?"

Migration ist kein Selbstzweck

Webinger betonte, dass Migration kein Selbstzweck sei. Es gebe dafür drei essenzielle Gründe: Familie, Wirtschaft und Flucht. Europa treffe dabei eine große Verantwortung, denn: "Wir haben die Gnade der Geburt." Migration müsse man sich zudem "leisten können". Syrische Flüchtlinge würden pro Person von 8.000 bis 12.000 Euro zahlen. Der Platz auf einem Flüchtlingsboot von Libyen nach Italien koste durchschnittlich 4.000 für das höchst gefährliche Unterdeck, 6.000 Euro für das Oberdeck.

Auch Mikl-Leitner hatte in ihrer Eröffnungsrede zuvor betont, dass ein umfassenderer Blick auf das Flüchtlingsproblem notwendig sei. Noch nie in jüngerer Zeit habe es weltweit so viele Krisenherde zugleich gegeben. "Wir müssen uns damit beschäftigen, wo die Ursachen liegen", meinte die Innenministerin. Konkret gelte es, die Bedingungen in den Drittstaaten selbst zu verbessern. Man müsse dem Nahen Osten und Afrika den "Migrationsdruck" nehmen.

Menschenrecht

Unumstritten bleibt für Mikl-Leitner laut eigener Aussage, dass Asyl ein Menschenrecht bleiben müsse. Die Unterbringung selbst müsse jedoch eine Option in Krisenzeiten bleiben. Dass Österreich besonders betroffen vom Flüchtlingsstrom sei, liege daran, dass sich hier aufgrund der geografischen Lage die Routen übers Mittelmeer mit jener über den Balkan schneiden würden. Griechenland etwa würde lediglich als "Transitland" von den Asylwerbern genutzt.