Im Jemen hat eine vom Militärbündnis unter Saudi-Arabiens Führung angekündigte Waffenruhe begonnen. Bis Freitagabend will die Koalition auf Luftangriffe gegen die Houthi-Rebellen verzichten. Beobachter sehen darin den Versuch des Militärbündnisses von seinen Bombardements mit mindestens 141 Toten abzulenken. Indes starteten die Houthis Montagfrüh einen neuen Angriff im Süden des Landes.

Houthis nicht konsultiert

In der Hauptstadt Sanaa sowie im Norden und Zentrum des Landes schien die Feuerpause zunächst zu halten. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon rief zur Einhaltung der Waffenruhe auf. Die Houthis erklärten demgegenüber, dass sie nicht zu der Waffenruhe konsultiert worden seien. Sie hätten daher weder Ja noch Nein sagen können.

Erst vor zwei Wochen war eine von den Vereinten Nationen vermittelte Waffenruhe gescheitert - Bombardements und Gefechte gingen fast unvermindert weiter. Ban rief am Sonntagabend alle Konfliktparteien nachdrücklich auf, die Waffenruhe zu befolgen. Beide Konfliktparteien sollten während der Pause die Militäroperationen aussetzen und die Pause nicht dazu nutzen, Waffen zu verlagern oder Gebiete einzunehmen, mahnte Ban. Im Falle einer Verletzung der Waffenruhe sollten beide Seiten zudem "größtmögliche Zurückhaltung" üben. Sie sollten auch Hilfslieferung an die notleidende Bevölkerung zulassen.

Ungeachtet der von der Militärkoalition angekündigten Waffenruhe starteten die Houthi-Rebellen einen neuen Angriff im Süden des Landes. Sie beschossen Wohngebiete in der Region von Jebel Sabr in der Provinz Taiz, wie Augenzeugen Montagfrüh berichteten.

Hilfslieferungen nötig

Das von Saudi-Arabien angeführte Militärbündnis, das seit Ende März Luftangriffe im Jemen fliegt, hatte die Waffenruhe ausgerufen. Der Grund sei die Ermöglichung von Hilfslieferungen, hieß es. Vor dem Beginn der Waffenruhe war es demgegenüber zu den bisher tödlichsten Bombardements gekommen - vonseiten der Militärkoalition. Bei den etwa elf Bombardements am Samstag auf die Hafenstadt Mocha im Süden des Jemen wurden mindestens 141 Menschen getötet, wie lokale medizinische Helfer und Rettungskräfte am Sonntag berichteten. Zudem gebe es weitere 200 Verletzte.

Beobachter werten die von der Militärkoalition am Samstag angekündigte humanitäre Waffenruhe als Versuch, von dem verheerenden Ausmaß des Angriffs auf Mocha abzulenken. Bei dem bisher tödlichsten Bombardement wurden außer einem Elektrizitätswerk auch Wohngegenden getroffen. Deshalb seien unter den Opfern vor allem Zivilisten - unter ihnen Frauen und Kinder, sagten die Helfer. Wegen des kritischen Zustandes vieler Verletzter werde mit einer steigenden Zahl von Todesopfern gerechnet.

Land vor dem Kollaps

Die Houthi-Rebellen hatten im Jänner mit Unterstützung von Truppen des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh die Hauptstadt Sanaa in ihre Kontrolle gebracht. Als die zaiditische Miliz auf Aden vorrückte, floh Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi nach Saudi-Arabien und rief das Königreich um Hilfe an. Zusammen mit arabischen Verbündeten startete Riad daraufhin Luftangriffe, um Hadi zurück an die Macht zu bringen.

Durch die Kämpfe und Luftangriffe im bitterarmen Jemen steht das Land seit Wochen vor dem Kollaps. Nahrung, Medizin und Treibstoff sind knapp. Erste Seuchen breiten sich aus. Seit März sind nach UNO-Angaben mehr als 3.000 Menschen wegen des Konflikts gestorben - über die Hälfte von ihnen waren Zivilisten. Die vielen Toten der vergangenen Tage sind in diesen Zahlen nicht eingerechnet.