Zum Abschuss seiner Südamerika-Reise hat Papst Franziskus am Sonntag in Paraguay einen Slum in der Hauptstadt Asuncion besucht. Die Siedlung Banado Norte zählt mit rund 100.000 Einwohnern zu den größten Armenvierteln Lateinamerikas. Vor der Kulisse verwahrloster Häuser und ungeteerter Straßen forderte Franziskus zu Solidarität mit den Slumbewohnern auf. Es gebe keinen Glauben ohne Solidarität.

Ein Christ könne nicht sonntags in die Kirche gehen und gleichzeitig das Schicksal der Bewohner von Banado Norte ignorieren, sagte er vor einigen tausend Menschen. Anschließend pflanzte er einen Olivenbaum. In einem Gottesdienst mit mehr als einer Million Teilnehmern rief Franziskus anschließend die katholische Kirche zu vorbehaltlosem Einsatz für Arme, Randgruppen und Nichtglaubende auf. Kirche überzeuge nicht in erster Linie mit Argumenten, Strategien und Taktiken; entscheidend seien Gastfreundschaft und Brüderlichkeit gegenüber "dem Hungrigen, dem Durstigen, dem Fremden, dem Nackten, dem Kranken, dem Gefangenen", so Franziskus.

Man müsse von der Logik des Herrschens, des Niederdrückens, des Manipulierens übergehen "zu einer Logik des Aufnehmens, des Empfangens, des Pflegens", sagte Franziskus am Sonntag vor rund einer Million Menschen nahe der paraguayischen Hauptstadt Asuncion. Die Mission der Kirche bedeute, sich für mehr Geschwisterlichkeit und Zusammenhalt einzusetzen. Der Altar bestand aus 32.000 Maiskolben, Kürbissen und Kokosnüssen. Neben dem paraguayischen Staatschef Horacio Cartes nahm auch Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner an der Messe am Sonntag teil.

Der Papst hat im Wahljahr 2015 vermieden, sein Heimatland zu besuchen. Er will erst nächstes Jahr erstmals seit seiner Amtsübernahme Argentinien besuchen. Zehntausende seiner Landsleute waren in Paraguay dabei, um "ihren" Papst zu feiern.

Der Papst warnte zudem vor einer Reduzierung des Christentums auf Gebote und Vorschriften. Jesus sende seine Jünger nicht aus als "Mächtige, als Eigentümer, als Anführer, befrachtet mit Gesetzen und Anweisungen". Er zeige ihnen vielmehr, dass der Weg des Christen darin bestehe, das Herz zu verwandeln.

Nach einem Treffen mit Jugendlichen ist für die Nacht auf Montag (MESZ) der Rückflug von der einwöchigen Südamerika-Reise von Asuncion nach Rom vorgesehen. Die ersten beiden Stationen waren Ecuador und Bolivien.

"Ruhige Revolution"

Die Medien in Lateinamerika zogen am Sonntag eine erste Bilanz. "Die ruhige Revolution des Franziskus" titelte die Tageszeitung "Ultima Hora" aus Paraguay. Der Papst habe Südamerika in Aufruhr versetzt und mit seinem Besuch Geschichte geschrieben, kommentierte das Blatt. Die Tageszeitung "La Nacion" schrieb: "Der Papst stellt eine gesichtslose Wirtschaft und die Ideologien infrage." In Chile griff "La Tercera" die päpstliche Huldigung der paraguayischen Frauen für ihre Wiederaufbauarbeit nach dem Krieg auf: "Papst Franziskus würdigt die Frauen Paraguays und betet auf Guarani."