Den griechischen Banken geht die Luft aus.

Selbst bei einer Einigung mit den Euro-Partnern bis Sonntag müssten mehrere große Institute wohl geschlossen werden und mit stärkeren Konkurrenten fusionieren, berichtete Reuters unter Berufung auf mehrere Insider.

Einer der Eingeweihten sagte, am Ende könnten von den vier großen Geldhäusern - National Bank of Greece, Eurobank, Piraeus und Alpha Bank - nur noch zwei bestehen bleiben.

Moll-Töne stimmte am Donnerstag auch EZB-Präsident Mario Draghi an: Er sei sich nicht sicher, ob es noch zu einer Lösung im Schuldendrama komme, sagte er der Tageszeitung "Il Sole 24 Ore". "Diesmal ist es wirklich schwierig." Nach Ansicht des estnischen EZB-Rat Ardo Hansson ist ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro ("Grexit") nicht auszuschließen. Mitglieder der griechischen Regierung rechnen indes mit einer baldigen Einigung.

Wer kann, wandert aus

Angesichts der dramatischen Finanznot in Griechenland hat die Zahl der Anträge auf Ausstellung neuer Reisepässe drastisch zugenommen. Die Zeitung "Kathimerini" wertete dies als ein Indiz dafür, dass viele Griechen aus Angst vor einem "Grexit", einem Ausstieg aus der Eurozone, erwägen auszuwandern.

In Athen seien zuletzt an einem Tag 1.580 Anträge bei den zuständigen Polizeistellen vorgelegt worden, berichtete das Blatt am Donnerstag unter Berufung auf die Sicherheitskräfte. Dies bedeute eine Steigerung um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Tag des Vorjahres. Die Zunahme der Pass-Anträge habe begonnen, als Ministerpräsident Alexis Tsipras eine Volksabstimmung über Spar- und Reformmaßnahmen angesetzt habe.

Verhofstadt in Rage

Zuerst begann alles ganz friedlich: Der Chef der Liberalen, Guy Verhofstadt begann seine Rede im EU-Parlament ganz ruhig. Er hieß Tsipras willkomen und sagte, er müsse keine Angst haben vor dem EU-Parlament. Doch nach und nach redete sich Verhofstadt immer mehr in Rage: Die griechische Bevölkerung habe Anstrengungen unternommen -  die griechischen Politiker aber nicht. "Ich bin wütend, weil sie immer von Reformen reden, doch wir sehen niemals konkrete Vorschläge", erklärte Verhofstadt.

Verhofstadt rastet aus - Wutrede im Video

Der luxemburgische Premier und EU-Ratsvorsitzende Xavier Bettel forderte am Donnerstag neuerlich den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras auf, konkrete Vorschläge zu liefern. "Guter Wille reicht nicht. Wir brauchen Entscheidungen, wir brauchen Vorschläge", so Bettel bei einem gemeinsamen Auftritt zu Beginn des luxemburgischen Ratsvorsitzes mit EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Gleichzeitig meinte Bettel, angesichts der Situation sei es heute notwendiger denn je, Brücken zu bauen. Nur bei einer Zusammenarbeit aller könne es eine win-win-Situation geben, sonst gebe es nur eine loose-loose-Situation. Wesentlich sei jedenfalls, dass Tsipras, mit dem er in den nächsten Stunden nochmals reden werde, konkrete Vorschläge mit "prior actions" bringe. Zumindest müsse klar sein, in welche Richtung es gehe. "Das muss am Papier von der griechischen Regierung fixiert werden. Es ist nicht mehr Zeit für Diskussionen, wir müssen zu Entscheidungen kommen".

Tusk wollte sich auf keinerlei Spekulation über einen Grexit einlassen. Zu seiner jüngsten Aussprache mit Tsipras gab sich Tusk zurückhaltend: "In so einem schwierigen Moment" müssten alle loyal sein. Der Grund, warum heute derartige Schwierigkeiten vorhanden seien, sei auch in einem Mangel an Loyalität unter den politischen Führern zu suchen, meinte er. Jedenfalls "bin ich nicht hier, um über die Details eines worst case Szenarios zu reden".

Realistische Vorschläge

Er könne auch nicht sagen, wie die prozedurale Vorgangsweise in den nationalen Parlamenten bei einem Deal mit Athen ablaufe. "Wir müssen uns auf die nächsten Stunden konzentrieren. Ich erwarte sowohl von der griechischen Seite, als auch von den Gläubigern, dass sie ihre Verantwortung übernehmen". Realistische Vorschläge von Griechenland müsse den gleichen realistischen Vorschlägen mit nachhaltigen Bedingungen der Gläubiger gegenüber gestellt werden. "Nur dann haben wir eine win-win-Situation". Andernfalls "setzen wir den lethargischen Tanz der vergangenen fünf Monate fort", warnte Tusk.

Die griechischen Banken bleiben angesichts der schweren Finanzkrise mindestens bis einschließlich Montag geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe Vize-Finanzministerin Nadja Valavani am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsfernsehen. Zuvor hatte der Rundfunk berichtet, die Banken würden bis inklusive Freitag geschlossen bleiben.

Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen. Pro Tag können die Griechen auch weiterhin höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben, wie es hieß. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Vermögen gebunkert

Die Regierung des pleitebedrohten Euro-Krisenstaats Griechenland hofft auf Steuernachzahlungen für griechische Schwarzgeld-Milliarden in der Schweiz. Um Abgaben auf dort gebunkerte Vermögen kassieren zu können, habe Athen eine Steueramnestie angeboten, sagte Griechenlands Minister für Korruptionsbekämpfung, Panagiotis Nikoloudis, der Schweizer Zeitung "Le Temps" (Mittwoch). Die Schweiz hatte sich zuvor mehrfach bereit erklärt, im Falle einer Einigung auf solche Vermögen bei Schweizer Banken entfallende Steuereinnahmen nach Athen zu überweisen.  Schätzungen gehen von griechischen Vermögenswerten in der Schweiz zwischen 2 und 200 Mrd. Euro aus. Athen bietet laut Zürcher Finanzkreisen Straffreiheit an, wenn Griechen ihre Banken in der Schweiz ermächtigen, darauf 21 Prozent an Steuern abzuführen - ansonsten würden später 40 Prozent verlangt. 

Das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist seit Beginn der Krise im Jahr 2008 um ein Viertel gesunken, hat die Royal Bank of Scotland (RBS) bekanntgegeben. Einen ähnlich starken wirtschaftlichen Niedergang habe ein Land in Friedenszeiten seit der „Großen Depression“ der USA in den 1930er Jahren nicht mehr erlebt.