In Griechenland ist am Sonntag früh (06.00 Uhr) ein mit Spannung erwartetes Referendum die Reform-Vorschläge der internationalen Geldgeber angelaufen. Das Ergebnis der Volksabstimmung dürfte ein wichtiges Signal für die künftige Kooperation des - von der Staatspleite bedrohten - Landes mit den internationalen Geldgebern setzen.

Nach Umfragen wurde ein sehr knappes Ergebnis erwartet. Knapp zehn Millionen Griechen waren aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob sie die Forderungen der Gläubiger akzeptieren oder ablehnen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist allerdings am 30. Juni ausgelaufen und damit überholt.

Die Athener Linksregierung hatte an die Stimmberechtigten appelliert, mit "Nein" zu stimmen. Die Wahllokale schließen um 18.00 Uhr MESZ. Zwei bis vier Stunden später dürften aussagekräftige Ergebnisse vorliegen, wie das Presseamt der Regierung mitteilte.

Schelling rechnet mit "Ja"

Finanzminister Hans Jörg Schelling rechnet beim mit Spannung erwarteten Referendum in Griechenland mit einem "Ja" zu den umstrittenen Spar- und Reformauflagen. "Ich denke, dass am Ende die Vernunft siegt, weil das griechische Volk weiß, dass es nicht nur um die Zukunft des Euro geht, sondern um die Zukunft von Griechenland und damit um ihre eigene Zukunft", sagte er der "Welt am Sonntag".

Experten uneins über "Grexit"-Folgen

"Mit der aktuellen Regierung und den bestehenden institutionellen Defiziten ist Griechenland außerhalb der Eurozone besser aufgehoben. Wenn Institutionen und Politik sich ändern, kann das Land zurückkehren", sagte er der "Welt am Sonntag" ("WamS") laut Vorabbericht.

Für einen Ausstieg spricht sich in der Zeitung Kai Konrad, Direktor am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, aus: "Die griechische Wirtschaft würde sich viel besser entwickeln können, wenn das Land nicht im Euroraum ist." Andere Experten warnen dagegen vor einem Grexit. Der US-Währungsexperte Barry Eichengreen von der Universität Berkeley rechnet dann mit einer noch stärker schrumpfenden Wirtschaft sowie Inflation.

Chaos dürfte bleiben

"Das Chaos würde noch für sehr lange Zeit, vermutlich über Jahre, bestehen." Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht den Ausstieg als keine gute Lösung an. Auch für Deutschland und Europa sei dies die schlechtestmögliche Option, da in diesem Fall noch weniger Kredite zurückgezahlt und damit noch höhere Kosten auf die deutschen Steuerzahler zukommen würden, sagte er der "WamS".