"Es wäre schön, wenn es in Italien zu einer einzigen Gewerkschaft kommen würde. Schluss mit all diesen Verbänden", sagte der Premier, der sich damit für eine Vereinfachung im verworrenen Gewerkschaftssystem Italiens aussprach. Unzählige Verbände gibt es im Land, die mit politischen Parteien oft eng verbunden sind. Die traditionellen Prozeduren der "Konzertation" mit den vielen Arbeitnehmerverbänden im Land bei Verhandlungen zu Beschäftigungsthemen sieht Renzi als wenig effizient. Über die Politik werde im Parlament entschieden und nicht in Verhandlungen mit Gewerkschaftern, meinte der Premier.

Renzis Worte lösten eine hitzige Reaktion des stärksten Gewerkschaftsverbands im Land, der CGIL, aus, die immerhin noch 5,7 Millionen Mitglieder zählt. "Renzi hat eine Auffassung, die einem totalitären Regime entspricht", protestierte CGIL-Chefin Susanna Camusso, die zu Renzis Erzfeinden zählt. Der Leiter der Metallgewerkschaft FIOM, Maurizio Landini, beschuldigte den Premier, im Dienst der Unternehmer zu stehen und die hart erkämpften Errungenschaften der Arbeitnehmer in Italien schrittweise abzubauen.

Die Gewerkschaften werfen dem Premier vor, er halte sein Versprechen nicht ein, mehr Jobs zu schaffen. Sie verlangen mehr Sozialausgaben, mehr öffentliche Investitionen, eine Absenkung des Pensionsalters sowie eine Rücknahme der gerade begonnenen Reformen des italienischen Arbeitsrechts. Die Arbeitsmarktreform, die das Parlament vor einigen Wochen verabschiedete, sieht eine Lockerung des Kündigungsschutzes vor, was den heftigen Protest der Arbeitnehmerverbände ausgelöst hat.

Der Konflikt zwischen Renzi und den Gewerkschaften wird von politischen Beobachtern als "Generationenkonflikt" betrachtet. Der italienische Arbeitsmarkt ist zweigeteilt. Festangestellte, meist ältere Arbeitnehmer, die auch gewerkschaftlich organisiert sind, genießen noch einen starken Kündigungsschutz. Dazu gibt es ein Heer an meist jungen Zeitarbeitern und Freiberuflern, die sich in einer prekären Situation befinden. Im Fall von Krankheit oder Schwangerschaft verlieren sie nicht selten ihre Stelle. Dieser Streit der Generationen spiegelt die offizielle Statistik wider: Die Arbeitslosenquote liegt danach bei 12,6 Prozent - für die 15- bis 24-Jährigen hingegen bei 43,3 Prozent.