Für seine Gegner ist er ein abgehobener Snob, der einen Hotdog mit Messer und Gabel verzehrt und die soziale Kluft im Land vergrößert. Seine Anhänger halten ihm zugute, seine Sparpolitik habe die Budgetlage verbessert und die Wirtschaft gestärkt. Er ist nicht unpopulär. Aber so richtig warm ist mit David Cameron in seinen fünf Jahren als britischer Premier kaum jemand geworden.

Auch daran liegt es, dass die Parlamentswahl in Großbritannien am Donnerstag zur Zitterpartie wird. Camerons konservative Tories und die Labour-Partei von Ed Miliband liegen in Umfragen Kopf an Kopf. Von Nervosität ist bei Cameron trotzdem nichts zu spüren - auch nicht von Leidenschaft. Die Presse hat für seinen verblüffenden Gemütszustand auf der Zielgeraden des Wahlkampfs ein Wort geschaffen: "chillaxing", aus "chill" und "relax". Man könnte auch sagen: Cameron bleibt cool.

Machtpolitiker

Das passt ins Bild, das oft von ihm gezeichnet wird: das eines eiskalten Machtpolitikers, der aus taktischem Kalkül die europäische Zukunft Großbritanniens aufs Spiel setzt, indem er den zahlreichen Brüssel-Gegnern auf der Insel ein Referendum über den Verbleib in der EU versprochen hat - sollte er am Donnerstag gewinnen. Ein Spiel mit dem Feuer, das in ein "Katastrophenszenario" münden könnte, fürchtet sein Biograf Anthony Seldon.

Selbst seine engsten Berater hätten sich lange gefragt, was Cameron eigentlich wolle, woran er glaube, berichtet Seldon. Ein konservativer Großspender sagte kürzlich der Zeitung "Sunday Times", der Premier offenbare im Wahlkampf "einen erstaunlichen Mangel an Energie und Überzeugung". Wem die Aufregung fehle, der solle doch "nach Griechenland gehen", konterte der Geschmähte.

Vergleich mit Tony Blair

Cameron verglich sich einst selbst mit Tony Blair, der Labour modernisierte. 2005 übernahm der Absolvent der Eliteschule Eton und der renommierten Oxford-Universität mit nur 39 Jahren die Führung der Tories. Er gab sich als Verfechter eines "mitfühlenden Konservatismus", wollte Gesundheit, Bildung und Umwelt in den Mittelpunkt rücken und "die Früchte des Wachstums verteilen".

Viel verteilt hat er dann nicht, nachdem er 2010 eine Koalition mit den Liberalen schmiedete und in Downing Street Nummer 10 einzog. Durch drastische Budgetkürzungen wurde das Defizit auf 90 Milliarden Pfund halbiert. In vier Jahren soll die schwarze Null stehen - so das ausgegebene Ziel der Tories. Die Wirtschaft hat sich wegen oder trotz der Kürzungen gefangen, die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen.

EU-Politik bereitet Sorgen

Mit Attacken gegen die Sparpolitik holen seine Gegner die meisten Punkte, allen voran Labour-Chef Miliband. Mehr denn je habe sich die Regierung vor den Karren der Wohlhabenden spannen lassen, wirft er Cameron vor. Die soziale Kluft habe sich vertieft, das Gesundheitssystem sei ausgedünnt worden.

Große Sorge hat der Premier von der Insel in Brüssel und Berlin mit seiner Europa-Politik hervorgerufen. Beim Streit um das Gemeinschaftsbudget manövrierte sich Cameron in die Schmuddelecke, in seinen Statements vor den Gipfeln geht es stets nur um britische Interessen. Sein Buhlen um die EU-Skeptiker daheim gipfelt in dem Versprechen eines Referendums in zwei Jahren. Das Vorhaben würde gewiss eine zweite Amtszeit prägen.