Nach der Einleitung von Strafverfahren gegen sechs Polizisten wegen des gewaltsamen Todes eines jungen Afroamerikaners haben die Spannungen in der US-Ostküstenstadt Baltimore deutlich nachgelassen. Mit spontanen Straßenpartys feierten tausende Menschen am Samstag die Entscheidung der Staatsanwaltschaft.

Gleichzeitig zeigten sie sich entschlossen, den Druck auf Politik und Polizei aufrechtzuerhalten. Die Polizei nahm mehrere Demonstranten fest, die sich nicht an die nächtliche Ausgangssperre hielten.

Wie schon am Freitag gingen auch am Samstag wieder tausende Menschen in Baltimore aus Protest gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straße. Die Kundgebung verlief friedlich, streckenweise herrschte eine fröhliche Atmosphäre. Bürgerrechtler forderten neben der Verurteilung der Polizisten auch ein Ende der Ausgangssperre.

Ende der Ausgangssperre gefordert

Der 25-jährige Freddie Gray hatte nach seiner Festnahme Mitte April so schwere Verletzungen erlitten, dass er eine Woche später starb. Die zunächst friedlichen Demonstrationen schlugen Anfang der Woche in heftige Straßenschlachten um. Daraufhin verhängte die Bürgermeisterin die Ausgangssperre, zudem wurde die Nationalgarde mobilisiert. Auch in anderen Städten gab es teils gewaltsame Proteste.

"Ruhe und Frieden sind immer besser als Gewalt", sagte nun Baltimores Polizeichef Anthony Batts vor Journalisten. Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake äußerte im Rundfunksender WJZ die Hoffnung auf eine friedliche Lösung.

Staatsanwältin Marilyn Mosby hatte am Freitag die Einleitung von Strafverfahren gegen sechs Polizisten wegen Grays Tod verkündet. Die Staatsanwaltschaft legt dem Fahrer des Gefangenentransporters unter anderem Mord mit bedingtem Vorsatz zur Last. Die Vorwürfe gegen die fünf anderen Polizisten reichen von Amtsverletzung über Freiheitsberaubung und Körperverletzung bis zu fahrlässiger Tötung. Mosby sagte außerdem, dass Gray "illegal festgenommen" worden sei, weil er kein Verbrechen begangen habe.

Kautionszahlungen

Die sechs bereits vom Dienst suspendierten Polizisten wurden festgenommen, kamen aber gegen Kautionszahlungen zwischen 250.000 bis 350.000 Dollar (222.915,74 Euro bis 312.082,03 Euro) inzwischen wieder frei. Am 27. Mai sollen sie einem Richter vorgeführt werden.

Der Anwalt von Grays Familie, William Murphy, lobte das entschiedene Vorgehen und den "beispiellosen Mut" der Staatsanwaltschaft. Die Polizeigewerkschaft in Baltimore sprach hingegen von einer "ungeheuerlichen Vorverurteilung". Nie habe er eine Anklagebehörde "derart in Eile" gesehen, ein Strafverfahren einzuleiten, sagte ein Anwalt der Vereinigung, Michael Davey. "Wir sind überzeugt davon, dass die Beamten entlastet werden, denn sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen."

Seit den Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown in der Stadt Ferguson im vergangenen August hat eine Reihe tödlicher Polizeieinsätze gegen Afroamerikaner in den USA für Empörung gesorgt. In mehreren Fällen zeigen von Passanten aufgenommene Videos brutales Vorgehen von Beamten. Viele Afroamerikaner sehen Gray als das jüngste Opfer der Polizeigewalt.

Schießerei in Queens

Unterdessen wurde im New Yorker Stadtteil Queens ein Polizist in Zivil von einem 35-jährigen Afroamerikaner angeschossen und schwer verletzt. Nach Angaben von Bürgermeister Bill de Blasio und Polizeichef Bill Bratton wurde Brian Moore inzwischen operiert, über seinen Zustand wollten sich die Ärzte aber zunächst nicht äußern. Nach ersten Erkenntnissen habe die Tat nichts mit den Spannungen wegen der tödlichen Polizeieinsätze zu tun, sagte der Polizeichef.