Mit einem Hubschrauber erreichten Mogherini, Renzi und Ban Ki-moon das italienische Marineschiff "San Giusto", das im Dauereinsatz ist, um Flüchtlingen im Mittelmeer Hilfe zu leisten. "Jetzt wissen wir, dass Italien im Umgang mit der Flüchtlingswelle nicht allein ist. Die UNO und die EU haben uns ihre Unterstützung garantiert", kommentierte Renzi. Ban Ki-moon lobte Italiens Einsatz für die Flüchtlinge. Die Rettung der Menschenleben müsse absolute Priorität haben, sagte der UNO-Generalsekretär.

Bei einem Sondergipfel zur Flüchtlingsproblematik hatte die EU unter anderem beschlossen, härter gegen Schmuggler vorzugehen. Zur Bekämpfung der Schleuserbanden sollten Militäreinsätze zur Zerstörung ihrer Schiffe geprüft werden. Dafür wäre aber ein offizieller Auftrag der Vereinten Nationen nötig.

Aufgrund der Flüchtlingswelle aus Libyen wachsen für Italien die Kosten der Flüchtlingsversorgung. Auf über eine Milliarde Euro werden 2015 die Kosten für die Flüchtlingsverpflegung steigen, wie aus Schätzungen des Innenministeriums hervorgeht. Das sind 400 Mio. Euro mehr als im Vorjahr, 500 Millionen mehr als 2013 und ein Rekord für das Land.

Durchschnittlich 40 Euro am Tag kostet die Versorgung eines Flüchtlings in Italien. 81.000 Migranten befinden sich zurzeit in Italiens Flüchtlingseinrichtungen. 65.000 haben einen Asylantrag gestellt. Die anderen genießen einen Sonderschutz wie im Fall von Minderjährigen oder haben noch keinen Asylantrag eingereicht.

Nicht nur die zunehmende Zahl von Flüchtlingen, die in Süditalien eintreffen, belasten die Staatskassen. Auch die langwierigen Prozeduren für die Überprüfung der Asylanträge trägt zur Kostensteigerung bei. Oft warten Flüchtlinge monatelang auf eine Antwort der Behörden.

40 vom Innenministerium beauftragte Kommissionen überprüfen Italien-weit die Asylanträge und entscheiden, ob die Migranten Recht auf Verbleib im Land haben. Laut Gesetz sollte die Kommission in maximal 90 Tagen jeden gestellten Antrag überprüfen. Doch die Durchschnittszeit liegt zwischen sechs und neun Monaten, in einigen Fällen sind es sogar eineinhalb Jahre. "Wer heute einen Asylantrag einreicht, wird voraussichtlich nicht vor 2016 eine Antwort erhalten", betonte die Menschenrechtsaktivistin Valentina Brinis. Diese lange Wartezeiten würden die Migranten verunsichern.

"Das System ist unter Druck, weil die Zahl der Asylanträge stark zugenommen hat", betont Carlotta Sami, Sprecherin des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR). 70 Prozent Asylanträge von 2014 wurden positiv beschieden. In diesem Jahr wurden von den 12.720 gestellten Anträgen circa 6.000 abgelehnt. Asylanträge von Menschen aus Pakistan, Nigeria und Senegal wurden negativ beschieden. Diese Migranten würden nicht wegen Verfolgung, sondern aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen, hieß es.

EU-Pläne zu einer möglichen militärischen Intervention gegen Schlepper stoßen in Libyen auf Widerstand. Die Armee werde im Fall eines EU-Militäreinsatzes "keinesfalls kooperieren" sagte Militärchef General Khalifa Haftar in einem Interview mit dem US-Sender "CNN" am Wochenende. Es handle sich um eine "unkluge Entscheidung", die "legitime libysche Vertretung" sei "nicht konsultiert worden".

Haftar war erst kürzlich vom Parlament in Tobruk im Osten des Landes zum Armeechef ernannt worden. Das dortige Parlament repräsentiert die international anerkannte Regierung, während in der Hauptstadt Tripolis eine verfeindete, islamistische Regierung amtiert. Militärisch vertreten wird diese von verschiedenen islamistischen Milizen unter dem Sammelbegriff Fajr Libya (Libyens Morgenröte).

Diese kontrollieren auch den Küstenstreifen zwischen der Stadt Misrata und der tunesischen Grenze, von wo aus der überwiegende Großteil der Schlepperboote aufbricht. Daher wird der Regierung in Tripolis auch vorgeworfen, dem Treiben der Schlepper tatenlos zuzusehen, beziehungsweise sogar von den dadurch generierten Einnahmen zu profitieren.

Was "Mohammed Ghirani", der Außenminister der islamistischen Regierung zurückweist. "Wir bemühen uns, die EU dazu zu bewegen mit uns zu kooperieren und die illegale Migration zu bekämpfen. Aber sie sagen uns immer wieder, wir seien nicht die international anerkannte Regierung," monierte er kürzlich gegenüber der "Times of Malta" und lehnte zugleich eine EU-Militärintervention ab.

General Haftar wiederum sieht die Lösung in einem Ende des von der EU und den Vereinten Nationen gegen Libyen verhängten Waffenembargos: "Wenn Libyen Waffen erhalten würde, könnten wir den Migrantenstrom in Richtung EU stoppen", argumentierte Haftar in einem Interview mit "Sky News Arabic". Unter Verweis auf den Kampf gegen jihadistische Gruppen hatte seine Regierung dies bereits mehrfach gefordert.

Ob Libyen im Fall einer EU-Militärintervention auch zu militärischen Mitteln greifen würde, ließ Haftar trotz mehrfacher Nachfrage unbeantwortet. "Wir werden das tun, was im Interesse des libyschen Volkes ist," sagte er gegenüber "CNN". Die Krise in Libyen müsste "in ihrer Gesamtheit" betrachtet und die "Souveränität des Landes" respektiert werden, "unabhängig dessen, was wir gerade durchmachen".