Der frühere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski ist tot. Das gab der polnische Präsident Bronislaw Komorowski am Freitagabend in einer Twitter-Nachricht bekannt. "Ein großer Pole ist tot. Das ist ein ungeheurer Verlust", schrieb Komorowski.

Auch das Warschauer Außenministerium und die Regierungskanzlei gaben über den Kurznachrichtendienst die Todesnachricht bekannt. "Das ist ein sehr trauriger Tag für uns alle", twitterte Donald Tusk, der EU-Ratspräsident und ehemalige polnische Regierungschef.

Der 93-jährige Bartoszewski hatte am Nachmittag einen Schwächeanfall erlitten und war in ein Krankenhaus gebracht worden. Bartoszewski, ein ehemaliger Auschwitz-Häftling, war ein Wegbereiter der deutsch-polnischen Aussöhnung.

Keiner tat mehr für die deutsch-polnische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg als Wladyslaw Bartoszewski. Und keiner hätte sich glaubwürdiger für die Verständigung einsetzen können als der polnische Ex-Außenminister, der 1940/41 über ein halbes Jahr im Konzentrationslager Auschwitz verbrachte und im Warschauer Aufstand gegen die nationalsozialistischen Besatzer kämpfte. Gerade zu Österreich, wo er zwischen 1990 und 1995 Botschafter war, hatte Bartoszewski eine besondere Beziehung.

Mittler zwischen Warschau und Berlin

Bis ins hohe Alter blieb Bartoszewski der wichtigste Mittler zwischen Warschau und Berlin. Eine Rolle, die sich der gebürtige Warschauer als junger Mann nicht hätte träumen lassen. Er war gerade 18 Jahre alt, als ihn die deutschen Besatzer im Konzentrationslager Auschwitz internierten, das damals noch hauptsächlich für Mitglieder des polnischen Widerstands genutzt wurde. Nach seiner Entlassung neun Monate später, Bartoszewski war schwer erkrankt, schloss er sich der Untergrund-Armee AK an. Er gehörte der Propagandaabteilung und der Gruppierung "Zegota" an, die versuchte, den im Warschauer Ghetto eingepferchten Juden zu helfen. Dafür sollte er später in Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt werden.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg meinte es das Schicksal zunächst nicht gut mit Bartoszewski. Weil er sich gegen das kommunistische Regime engagierte, wurde er mehrfach verhaftet und verbrachte sechs Jahre im Gefängnis. Später arbeitete Bartoszewski als Journalist für kritische Medien, darunter für Radio Free Europe. Immer wieder war er deshalb Repressionen ausgesetzt, zwischen 1970 und 1974 hatte er ein Publikationsverbot. Nach Verhängung des Kriegszustandes im Dezember 1981 wurde er wieder verhaftet.

Demokratiebewegung

In Wien genoss der Publizist 1963 seinen ersten längeren Aufenthalt im Ausland, von hier aus bereiste er die Länder des Westens, darunter Deutschland, Großbritannien, Italien und die USA. Nach Österreich kehrte Bartoszewski 1990 zurück, diesmal als Botschafter. Wieder hatte er schwere Jahre hinter sich - sein Engagement in der polnischen Demokratiebewegung ab 1970 und später in der Gewerkschaft Solidarnosc, das er zunächst mit einem Publikationsverbot und dann noch einmal mit einigen Monaten Gefängnis bezahlte. Österreich verließ Bartoszewski 1995 nur, um einen noch höheren Posten anzunehmen, den des Außenministers. Allerdings legte er ihn schon bald nieder, aus Protest gegen die Wahl des Ex-Kommunisten Aleksander Kwasniewski zum Präsidenten. Von 2000 bis 2001 bekleidete er das Amt noch einmal, wieder in einer konservativen Regierung.

Eine akademische Auszeichnung als Wissenschafter erhielt der Autor zahlreicher Bücher übrigens doch noch, auch ohne Magister-Titel: Die Universität in München, wo er in den 80er Jahren Vorlesungen hielt, verlieh ihm den Titel eines Professors. An Auszeichnungen anderer Art mangelt es Bartoszewski ohnedies nicht: So wurde er etwa 1986 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. 1995 wurde dem Ehrenbürger Israels auch das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen.

Trotz seiner Verdienste war Bartoszewski in Polen nicht unumstritten. Das lag vor allem an seiner harten Kritik an der polnischen Regierung zwischen 2005 und 2007, als die rechtskonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Jaroslaw Kaczynski am Ruder war. Er warf Kaczynski vor, das Ansehen Polens im Ausland zu beschädigen, "sodass sich Menschen, die das Wort Polen hören, achselzuckend abwenden".