Neuer Ministerpräsident wird voraussichtlich der Chef der liberalen Zentrumspartei Juha Sipilä, ein früherer Geschäftsmann. Auf den Oppositionschef warten nach Einschätzung von Beobachtern lange und harte Verhandlungen. "Keine Regierungsalternative ist von vornherein ausgeschlossen", versicherten die Parteisekretäre der vier größten Parteien am Montag im finnischen Fernsehen. Als Regierungspartner kommen neben den Sozialdemokraten (16,5 Prozent) auch die Rechtspopulisten infrage. Bereits am Montag wollte der 53-Jährige mit Gesprächen über eine Koalition beginnen.

Bei der Wahl am Sonntag war die bisherige Vier-Parteien-Koalition unter dem Konservativen Alexander Stubb abgewählt worden. Nun ist es an dem früheren IT-Unternehmensboss und Millionär Sipilä, eine neue Regierung zu bilden. Sipiläs Zentrumspartei lag mit 21,1 Prozent der Stimmen vor Konservativen (18,2), Rechtspopulisten (17,6) und Sozialdemokraten (16,5). Mandatsmäßig schaffte es die rechtspopulistische Partei der Finnen mit 38 Sitzen sogar auf den zweiten Platz, vor den Konservativen, die sich mit 37 Sitzen begnügen musste.

"Wir sind gekommen, um zu bleiben", verkündete der Chef der rechtspopulistischen Partei der Finnen, Timo Soini, bei einer Pressekonferenz nach der Wahl. Ziel sei zunächst, an den Koalitionsverhandlungen teilzunehmen. Eine Zusammenarbeit mit den einwanderungs- und Euro-kritischen Rechtspopulisten hatte Sipilä nicht ausgeschlossen. Die Partei der Finnen fordert unter anderem einen Austritt Griechenlands aus dem Euro. Im Vergleich zur Parlamentswahl 2011 rutschten die Populisten aber leicht ab. Damals hatten sie mit Anti-EU-Parolen einen überragenden Erfolg gefeiert und 19,1 Prozent der Stimmen geholt.

"Es scheint, als hätte Finnland einen Schritt in eine konservative Richtung gemacht", sagte Wahlforscher Erkka Railo von der Uni Abo am Montag der Zeitung "Hufvudstadsbladet". Sozialdemokraten und Linkspartei hatten bei der Wahl gemeinsam nur 46 Sitze im neuen Parlament errungen - weniger als jemals zuvor in der Geschichte des Reichstags. Railo hielt eine Koalition aus Zentrumspartei, Konservativen und Rechtspopulisten für wahrscheinlich.

Der konservative Stubb hatte seine Niederlage bereits am Sonntagabend eingestanden und der Zentrumspartei gratuliert. Die Liberalen hätten "einen starken Wahlkampf" geführt, sagte der Ministerpräsident im Fernsehen. Das von ihm geführte Vier-Parteien-Bündnis stand wegen der Wirtschaftskrise in der Kritik. Die Arbeitslosenquote liegt in Finnland derzeit bei 9,2 Prozent - die höchste Rate seit 2003.

Der 53-jährige Millionär und IT-Unternehmer Sipilä, ein Neuling in der Politik, hatte im Wahlkampf versprochen, die Wirtschaft des Landes nach drei Jahren Rezession und Stagnation wieder in Schwung zu bringen. Der frühere Geschäftsmann Sipilä erklärte sich erst nach einigem Zögern zum Wahlsieger. Der erste Platz bei der Parlamentswahl gibt in Finnland traditionell das Recht zur Regierungsbildung. Der liberalen Zentrumspartei stehen künftig 49 von 200 Sitzen im Parlament zu (plus 14 im Vergleich zu 2011), Stubbs Partei kommt mit 37 Sitzen auf sieben weniger als bisher.

Neben den Grünen (8,5 Prozent, 15 Sitze) und der Linkspartei (7,1 Prozent, 12 Sitze), die im vergangenen Jahr aus Stubbs Regierungskoalition ausgeschieden waren, schafften es auch die Partei der schwedischsprachigen Minderheit in Finnland (4,9 Prozent, neun Sitze) und die Christdemokraten (3,5 Prozent, fünf Sitze) erneut ins Parlament. Sie hatten gemeinsam mit Konservativen und Sozialdemokraten in der Regierung gesessen.

Mit rund 70 Prozent war die Wahlbeteiligung etwas niedriger ausgefallen als bei der letzten Parlamentswahl 2011 (70,4 Prozent).