Nach der jüngsten Bootstragödie im Mittelmeer mit Hunderten Vermissten hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte die Weltgemeinschaft auf, die Flüchtlingskrise gemeinsam zu schultern. Ban sei "schockiert und zutiefst traurig" über den jüngsten Untergang eines Schiffs mit mehr als 900 Menschen an Bord, teilte sein Sprecher am Sonntag (Ortszeit) in New York in einer Erklärung mit.

"Weltweit tödlichsten Route"

Der UN-Generalsekretär rufe "die internationale Gemeinschaft zu Solidarität und Lastenverteilung angesichts dieser Krise" auf. Das Mittelmeer habe sich zur "weltweit tödlichsten Route" von Flüchtlingen entwickelt, kritisierte Ban. Die Regierungen müssten nun nicht nur die Rettungseinsätze auf hoher See verbessern, sondern auch "das Asylrecht für die wachsende Zahl von Menschen sicherstellen, die in aller Welt vor Krieg fliehen, die Zuflucht und einen sicheren Ort brauchen".

Nach Angaben eines Überlebenden der jüngsten Bootstragödie im Mittelmeer sollen 950 Menschen an Bord des überfüllten Fischerbootes gewesen sein. Bis zum Sonntagabend konnten 28 Überlebende gerettet und 24 Leichen geborgen werden. Offizielle Angaben zur Zahl der Vermissten gab es jedoch nicht. Das zweite schwere Unglück im Mittelmeer innerhalb von nur einer Woche löste heftige Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik aus.

Legale, geordnete Einwanderungspolitik

"Wir waren 950 Menschen an Bord, auch 40 bis 50 Kinder und etwa 200 Frauen", sagte ein aus Bangladesch stammender Überlebender laut Nachrichtenagentur Ansa der Staatsanwaltschaft Catania. Viele Menschen seien im Laderaum eingeschlossen gewesen. "Die Schmuggler haben die Türen geschlossen und verhindert, dass sie herauskommen", erzählte der Mann, der in ein Krankenhaus gebracht worden war.

Der Kapitän des portugiesischen Handelsschiffes "King Jacob", das als erstes den Flüchtlingen zu Hilfe geeilt war, berichtete, dass das Boot gekentert sei, weil sich die Migranten in der Hoffnung auf Rettung alle auf einer Seite des Schiffes zusammengedrängt hätten. "Das Boot ist gekentert, bevor wir uns überhaupt nähern und die Schaluppen herunterlassen konnten", berichtete der Kapitän nach Medienangaben.

Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), forderte eine neue Flüchtlingspolitik in Europa. "Wir können nicht an dem Symptom weiter herumdoktern, sondern müssen erkennen, dass wir ein Einwanderungsgebiet sind und eine legale, geordnete Einwanderungspolitik benötigen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag-Ausgabe).

Die EU-Minister werden auch Optionen für ein europäisches Engagement im Krisenland Libyen diskutieren. Mogherini hat dazu in den vergangenen Wochen eine Liste mit Vorschlägen erarbeitet. Sie reichen nach Angaben aus Diplomatenkreisen von einfacher Beratung bis hin zur Entsendung von EU-Friedenstruppen. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wird allerdings vorerst nicht erwartet.

Vermittlungsbemühungen gescheitert

Die EU-Staaten hatten zuletzt beschlossen, nur dann zusätzliche Unterstützung in Libyen zu leisten, wenn sich die Konfliktparteien auf eine Regierung der Nationalen Einheit einigen. Seit Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 mit Unterstützung des Westens gestürzt wurde, rivalisieren in dem Land islamistische Milizen und nationalistische Kräfte gewaltsam um Macht und Einfluss. UN-Vermittlungsbemühungen waren bisher nicht von Erfolg gekrönt.

Weitere Themen des Außenministertreffens sind unter anderem der Konflikt im Jemen sowie die Pläne für eine Überarbeitung der europäischen Sicherheitsstrategie. Mit Blick auf ein im Juni geplantes Spitzentreffen wollen die Minister zudem über die Beziehung der EU zu den Staaten in Lateinamerika und der Karibik reden. Mit Amtskollegen aus der Ukraine, Moldau, Georgien, Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan soll zudem der Gipfel zur Östlichen Partnerschaft am 21. und 22. Mai in Riga vorbereitet werden.