Zwar habe es seit 2014 einen internationalen Haftbefehl gegeben, allerdings sei der "konkrete Tatbeitrag zu vage" gewesen, um ihn ins österreichische System zu übernehmen, sagte die Sprecherin des Justizministeriums Dagmar Albegger am Dienstag.


Die Türkei wirft dem 45-jährigen Unal E. vor, an einem Terroranschlag der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) auf eine Bankfiliale in Ankara 1995 beteiligt gewesen zu sein. Außerdem soll er sich 1994 am Wurf von Molotow-Cocktails gegen eine Hochschule in Ankara und an illegalen Plakatierungsaktionen beteiligt haben.

Am Montag wurde der Arzt - es soll sich laut informierten Kreisen um einen Kurden handeln, der in Österreich zuerst Asyl und 2005 dann die Staatsbürgerschaft erhielt, heute aber in Deutschland lebt - im italienischen Mestre verhaftet, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern die Osterferien verbrachte. Grundlage sei ein im Jänner 2014 ausgestellter internationaler Haftbefehl, in der Türkei sei der Mann seit 21. Dezember 2012 zur Fahndung ausgeschrieben, sagt der Polizeichef von Venedig, Angelo Sanna, am Dienstag gegenüber der APA. "Jetzt warten wir noch auf einige Dokumente, um ein klares Bild der Situation zu haben." Über eine Abschiebung des Österreichers in die Türkei solle in den kommenden Tagen entschieden werden, gegenwärtig sitzt er in einem Gefängnis in Venedig.

Das österreichische Honorarkonsulat in Venedig steht nach Angaben des Außenministeriums in Kontakt mit dem Mann. Bereits am heutigen Dienstag soll er einem Richter vergeführt werden. Seine Frau, ebenfalls eine Österreicherin, ist nach Angaben italienischer Medien mit ihren Töchtern nach Österreich gereist, um hier einen Anwalt für ihren Mann zu suchen.

Die linksradikale DHKP-C war zuletzt wieder vermehrt im medialen Rampenlicht gestanden: Am Dienstag hatte die in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Gruppe den Istanbuler Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz in ihre Gewalt gebracht. Nach rund achtstündigen Verhandlungen zwischen Tätern und Behörden stürmte die Polizei das Büro und erschoss die beiden Geiselnehmer. Kiraz wurde schwer verletzt und starb wenig später im Krankenhaus.