Die Al-Nusra-Front, die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündet ist, veröffentlichte im Kurzbotschaftendienst Twitter Fotos der von ihr kontrollierten Regierungsgebäude im Zentrum von Idlib. Sie verkündete, sie habe die Stadt "befreit". An der Offensive, die am Dienstag begann, beteiligten sich neben der Nusra-Front noch die radikalen Gruppierungen Ahrar al-Sham und Jund al-Aqsa, nicht aber die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

Seit die Kämpfer am Donnerstagabend in die Stadt eingedrungen seien, hätten sich die Regierungstruppen in ihre Kasernen zurückgezogen, teilte die Beobachtungsstelle mit. In der Nacht auf Samstag habe es heftige Straßenkämpfe gegeben, insgesamt seien mehr als 130 Menschen getötet worden.

Die Beobachtungsstelle gab weiter an, die Regierungstruppen hätten noch vereinzelt gekämpft, das Blatt aber nicht mehr wenden können. Demnach flogen sie binnen Tagen 150 Luftangriffe auf die Islamisten. Diese hätten die Stadt aber mit fast 2.000 Kämpfern von allen Seiten attackiert.

Am Sonntag berichteten die Beobachter, vor der Einnahme Idlibs hätten Regierungstruppen mindestens 15 Gefangene hingerichtet. Die Al-Nusra-Front veröffentlichte bei Twitter ein Video, das Kämpfer an der Seite von neun Leichen in einer Zelle des Gefängnisses von Idlib zeigte.

Die an die Türkei angrenzende Provinz Idlib war bereits vor der Einnahme ihrer Hauptstadt nahezu vollständig unter der Kontrolle der Al-Nusra-Front. Die Eroberung Idlibs ist für die Führung von Staatschef Bashar al-Assad der zweite Verlust einer Provinzhauptstadt nach Raqqa.

Das nördliche Raqqa wurde vom IS erobert und gilt als deren Hochburg. Die Stadt Idlib zählte vor dem Bürgerkrieg nach Angaben des Gouverneurs fast 200.000 Einwohner, tausende Menschen flohen jedoch in den vergangenen Jahren.

In Syrien hatten sich Proteste gegen die Staatsführung vor vier Jahren zu einem Bürgerkrieg ausgeweitet. Mehr als 215.000 Menschen wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle seither getötet, Millionen weitere sind im In- und Ausland auf der Flucht.

Die USA fliegen an der Spitze einer internationalen Koalition seit dem Herbst Luftangriffe gegen den IS, der große Gebiete in Syrien und im benachbarten Irak kontrolliert. In Syrien sind die Kampfjets der Militärallianz seit September im Einsatz.

Die beiden wichtigsten inländischen Oppositionsgruppen in Syrien kündigten zuletzt an, auf Einladung Moskaus Anfang April an Gesprächen über eine Beilegung des Konflikts in der russischen Hauptstadt teilzunehmen. Russland ist der wichtigste Verbündete Assads.

Der Dissident Luai Hussein teilte am Freitag mit, seine Partei Aufbau des Syrischen Staats werde Vertreter zu der Konferenz in Moskau schicken. Auch er selbst werde versuchen, daran teilzunehmen. Wegen eines Prozesses darf Hussein derzeit eigentlich nicht das Land verlassen.

Die Anführer des Nationalen Koordinationskomitees für Demokratischen Wandel wollen ebenfalls nach Moskau reisen, um dort mit Vertretern der Regierung zu verhandeln. Die vom Westen unterstützte Exilopposition lehnt die Einladung der russischen Regierung hingegen ab.