Der Terrorexperte Peter Neumann geht davon aus, dass die Terroristen des "Islamischen Staates" (IS), die den Oberösterreicher Dalibor S. in Libyen entführt haben, am ehesten auf Lösegeld aus sind. Das sagte er am Montagabend in der ZIB 2 des ORF-Fernsehens.

Österreicher kein Propagandawert

Die beiden anderen naheliegenden Motive für eine solche Entführung - ein Gefangenenaustausch oder eine Propagandaaktion - hält der Experte demgegenüber nicht für wahrscheinlich. "Ich denke, dass der Österreicher keinen so großen Propagandawert hat wie zum Beispiel ein Amerikaner. Es gibt auch keine Gefangenen zum Austauschen." Daher denke er, "dass der Islamische Staat in Libyen wirklich nach dem Geld sucht".

Der am King's College an der Universität von London tätige Neumann verwies darauf, dass europäische Staaten - "auch zum Teil Österreich" - in der Vergangenheit Lösegeld in ähnlichen Entführungsfällen gezahlt hätten, um Entführte freizubekommen. Das sei aber "nicht unbedingt einfach gemacht" worden, "das heißt, man hat dann schon zwei, drei, vier Jahre verhandelt". Oft liefen die Verhandlungen aber nicht direkt, sondern über Mittelsmänner und dauerten Jahre. Zunächst gelte es einmal, einen Kommunikationskanal zu den Entführern aufzubauen.

Der IS war laut Neumann in Libyen nur eine Enklave; diese habe sich rasch ausgebreitet. Es handle sich um eine "neue Expansionsstrategie" des IS, nachdem eine weitere Machtausdehnung im Irak und in Syrien schwieriger geworden sei. Libyen als "Land im Chaos" sei dafür ideal.