Die nigerianische Extremistengruppe Boko Haram hat der Jihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) ihre Gefolgschaft zugesichert. "Wir verkünden unsere Treue zum Kalifen der Muslime, Ibrahim bin Awad bin Ibrahim al-Husseini al-Krashi", heißt es in einer Audio-Botschaft von Boko-Haram-Chef Abubakar Shekau, die am Samstag über das Twitter-Konto der Islamisten verbreitet wurde.

"Kalif" aller Muslime

IS-Chef Krashi ist besser bekannt unter dem Namen Abu Bakr al-Baghdadi. Dieser hatte sich Ende Juni vergangenen Jahres in der irakischen Stadt Mosul zum "Kalifen" aller Muslime erklärt - ein Anspruch, der von fast allen islamischen Geistlichen zurückgewiesen wird. Zugleich rief der Jihadistenführer ein "Kalifat" aus, das vorerst die Gebiete in Syrien und dem Irak unter der Kontrolle seiner Miliz umfasst. Unter seiner Führung hat sich die IS-Miliz zur wohl mächtigsten, reichsten und brutalsten Jihadistengruppe der Welt entwickelt.

Boko-Haram-Anführer Shekau hatte bereits in früheren Internet-Botschaften Baghdadi erwähnt. In der am Samstag verbreiteten achtminütigen Botschaft, die Englisch, Französisch und Arabisch untertitelt war, sicherte er dem IS aber erstmals formal die Gefolgschaft zu. Ob es sich bei dem Sprecher wirklich um Shekau handelte, war zunächst von unabhängiger Seite nicht zu belegen.

Schon seit dem vergangenen Jahr gibt es Anzeichen, dass Boko Haram eine Annäherung an den IS anstrebt: So hatte die Gruppe die von ihr nach heftigen Kämpfen im Juni 2014 besetzte Stadt Gwoza als Teil eines "Kalifats" bezeichnet; auch ihre Propagandavideos ähneln vom Stil zunehmend denen des IS'. Nigerias Präsident Goodluck Johnson hatte kürzlich gesagt, es gebe Geheimdiensterkenntnisse über Verbindungen zwischen Boko Haram und dem IS.

Kampf für eigenen Staat

Boko Haram, was sich sinngemäß mit "westliche Bildung ist Sünde" übersetzen lässt, kämpft seit Jahren mit Gewalt für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit 2009 tötete die Gruppe bei Anschlägen und Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen etwa 13.000 Menschen.

Als Motiv für den Treueeid für den IS vermuteten Experten auch den militärischen Druck, unter den Boko Haram in jüngster Zeit zu geraten scheint. Die nigerianische Armee und ihre regionalen Verbündeten haben die Islamisten offenbar aus manchen Regionen zurückdrängen können. Ein Bündnis zwischen Boko Haram und dem IS mache insofern Sinn, "als sich beide Gruppen derzeit in einem Zustand organisatorischer Schwäche befinden", sagte der Extremismus-Experte Max Abrahms von der Bostoner Northeastern University der Nachrichtenagentur AFP.

Experten befürchten, dass Boko Haram seine Anschlagsaktivitäten verstärken wird, um die geplanten Wahlen in Nigeria zu verhindern. Diese waren wegen der anhaltenden Kämpfe mit den Islamisten bereits von Februar auf den 28. März verschoben worden.