Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) setzt ihre Zerstörung einzigartiger altorientalischer Kulturgüter im Nordirak fort. Am Samstag haben die Jihadisten nach Angaben der Universität von Mossul Ruinen in der Jahrtausende alten Stadt Hatra (Al-Hadra) gesprengt.

"Das stellt einen Verlust dar, der nicht aufgewogen werden kann", sagte Hamid al-Juburi, Leiter der Abteilung für Altertümer der Universität, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die UNESCO hat Hatra als Weltkulturerbe eingestuft.

Hatra liegt rund 110 Kilometer südlich der IS-Hochburg Mosul in der irakischen Provinz Ninive. Die Stadt beherbergt gut erhaltene assyrische Ruinen, die bis ins dritte Jahrhundert vor Christus zurück datieren. In ihrem Wert ist Hatra mit den Ruinenstädten des syrischen Palmyra und des libanesischen Baalbek vergleichbar.

Die IS-Kämpfer hatten diese Woche bereits die einstige assyrische Hauptstadt Nimrud knapp 40 Kilometer südlich von Mossul angegriffen. Nach Angaben des irakischen Altertumministeriums hatten die Extremisten die Stadt am Donnerstag überrannt und damit begonnen, die antike Stätte mit schwerem Gerät zu zerstören. In Videos zeigten die Jihadisten zudem die Zerstörung wertvoller Statuen.

Zweite Zerstörungswelle

Erst Ende Februar hatten die IS-Dschihadisten ein Video veröffentlicht, das die Zerstörung assyrischer Kulturgüter aus der Provinz Ninive zeigt, darunter eine mehr als 2.600 Jahre alte Figur. Der etwa fünf Minuten lange Film zeigt, wie Islamisten im Museum in der IS-Hochburg Mossul mit großen Hämmern auf die Stücke einschlagen oder sie umstürzen, so dass sie zu Bruch gehen. Auch mit einem Presslufthammer gingen die Dschihadisten auf Statuen los.

In dem Video erklärt ein IS-Anhänger, die Statuen hätten Assyrern und anderen Völkern der Vielgötterei gedient. Auch der Prophet Mohammed habe alle Götzenfiguren zerstört, als er nach Mekka gekommen sei. Der IS beruft sich dabei auf eine Interpretation des Islam, die die bildliche Darstellung von Menschen und Gott verbietet.

Kulturgüter vorher verkauft?

Ein Beamter der Antikenverwaltung bestätigte die Angaben des Tourismusministeriums. Bisher sei noch unklar, wie weit die Zerstörungen reichten. Es seien auch Lastwagen gesehen worden, die womöglich zum Abtransport von Kunstgegenständen verwendet wurden. Die Extremisten stehen im Verdacht, sich teilweise durch den Verkauf von archäologischen Fundstücken aus Grabungen und Museen zu finanzieren. Gemäß der extremen Interpretation des Islam der Dschihadisten sind Götterbilder und Heiligengräber verboten, da nichts außer Gott angebetet werden dürfe.

Nimrud wurde im 13. Jahrhundert vor Christus gegründet und liegt am Ufer des Tigris rund 30 Kilometer südöstlich von Mossul. Archäologen hatten nach den Zerstörungen in Mossul bereits die Sorge geäußert, dass die Extremisten weitere archäologische Stätten wie Nimrud und Hatra angreifen. Der Fall erinnert an die Buddha-Statuen von Bamian, die den Taliban in Afghanistan zum Opfer fielen. Vor 14 Jahren begann das damals in Kabul herrschende radikalislamische Regime damit, die beiden 38 und 55 Meter hohen Statuen aus dem 6. Jahrhundert zerstören zu lassen.