Der Favorit für die Präsidentenwahl in Italien ist ein wortkarger, rigoroser Jurist, der auf eine lange politische Karriere im Zeichen des Kampfes gegen die Mafia zurückblicken kann. Der fünfmalige Minister Sergio Mattarella ist nicht nur ein Verfassungsrichter und erfahrener Parlamentarier. Er ist auch eine Galionsfigur des Einsatzes gegen das organisierte Verbrechen.

Der 1941 in Palermo geborene Mattarella studierte Jus und wuchs in einer Politikerfamilie auf. Sein Vater Bernardo zählte in den Fünfziger und sechziger Jahren zu den Spitzenpolitikern der Democrazia Cristiana (DC), für die er mehrmals als Minister gedient hatte. Nach dem Jus-Studium unterrichtete Sergio Mattarella als Professor für parlamentarisches Recht an der Universität Palermo, als sein Leben am 6. Jänner 1980 eine unerwartete Wende nahm. Sein Bruder Piersanti, Präsident der Region Sizilien, wurde in Palermo von Mitgliedern der Cosa Nostra erschossen. Ab diesem Moment beschloss Sergio Mattarella, sich der Politik und dem Kampf gegen die Mafia zu widmen.

1983 wurde Mattarella erstmals ins Parlament gewählt. Auf Sizilien setzte er sich aktiv für die Wahl des Anti-Mafia-Politikers Leoluca Orlando zum neuen Bürgermeisters Palermo ein. Bis 2008 saß Mattarella im Parlament, zuerst für die Democrazia Cristiana, danach für die Nachfolgeparteien Partito Popolare Italiano (PPI) und Margherita. Später zählte Mattarella zu den Gründern der sozialdemokratischen Partei PD des jetzigen Premiers Matteo Renzi.

Widersacher Berlusconis

1987 rückte Mattarella zum Minister für die Beziehungen zum Parlament auf. 1990, damals Bildungsminister, trat er aus Protest zurück. Damit reagierte Mattarella auf ein von der Regierung verabschiedetes Gesetz, das auf entscheidende Weise den wirtschaftlichen Aufstieg des Medienunternehmers Silvio Berlusconi begünstigte. Mattarella zählte in den vergangenen Jahren stets zu den aktivsten Widersachern Berlusconis.

Nach dem Wahlsieg von Romano Prodi im Jahr 1996 kehrte Mattarella wieder in die Regierung zurück. Zunächst wirkte er als Vizeministerpräsident (1998-99), danach als Verteidigungsminister (1999-2001). In dieser Rolle schaffte er den verpflichtenden Militärdienst in Italien ab. Der international bisher wenig bekannt Sozialdemokrat war der Autor eines Wahlgesetzes ("Mattarellum"), das von 1993 bis 2005 in Italien galt. Als Verfassungsrichter ist der Vater von drei Kindern seit 2011 im Amt.

Bereits bei der Präsidentenwahl 2013 war Mattarella als Kandidat ins Rennen gegangen. Der Sizilianer war vom damaligen PD-Vorsitzenden Pier Luigi Bersani als Präsidentenkandidat vorgeschlagen worden. Damals zeigten sich die Parteien jedoch außerstande, einen neuen Staatschef zu wählen. Vereint baten sie daher den bereits seit 2006 als Staatsoberhaupt amtierenden Giorgio Napolitano, für ein zweites Mandat im Amt zu bleiben. Vor zwei Wochen war der 89-Jährige aber aus Altersgründen endgültig zurückgetreten.