Brüssel ist total überrascht von der Russland-freundlichen Haltung, die der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras von Anfang an zeigte. Nach der Angelobung zum Regierungschef eilte Tsipras als Erstes zum russischen Botschafter und nicht zu einer diplomatischen Vertretung der europäischen Partner.

Wenige Stunden später soll Tsipras lautstark kritisiert haben, dass die Staats- und Regierungschefs der EU in einer gemeinsamen Erklärung Russland für die zivilen Todesopfer bei heftigen Kämpfen in der Ostukraine verantwortlich machten. Er trage das nicht mit, kündigte Tsipras die innereuropäische Solidarität und Geschlossenheit auf. Deshalb wartet Brüssel gespannt, wie sich der neue griechische Außenminister Nikos Kotzias beim heutigen Sondertreffen der Außenminister verhält. Das Treffen soll weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen.

Die allgemeine Überaschung ist nicht gerechtfertigt. Diplomaten wissen um die engen Bande zwischen den Kommunisten Griechenlands und der ehemaligen Sowjetunion. Die hellenistischen KP-ler waren in der Zeit der Militärjunta schweren Verfolgungen ausgesetzt. Moskau bot Hilfe jund Zuflucht. Viele auch heute aktive griechische Politiker mit KP-Vergangenheit haben in Moskau studiert. Das gilt übrigens auch für das politische Establishment Zyperns. Außenminister Kotzias ist so ein früherer Kommunist. Er war ein hoher Jugendfunktionär der griechischen KP und wurde von der Junta verfolgt.