Der neue italienische Regierungschef soll eine Politiker und kein Technokrat sein. Dies zeichnete sich in den Konsultationen ab, die Premier Matteo Renzi mit den Chefs der im Parlament vertretenen Gruppierungen am Mittwoch weiterführte. Am Donnerstag beginnt die Wahl des neuen Präsidenten, der den aus Altersgründen zurückgetretenen Giorgio Napolitano ersetzen wird.

Gute Chancen werden der Kandidatur des Verfassungsrichters Sergio Mattarella eingeräumt, berichten italienische Medien. Renzi versucht die konservative Oppositionspartei Forza Italia und seinen Vorgänger Silvio Berlusconi zu überzeugen, für den 73-jährigen Mattarella, einen ehemaligen Verteidigungsminister, zu stimmen.

Berlusconi macht dagegen weiterhin Druck für die Kandidatur des ehemaligen Premiers Giuliano Amato (76). Bei einem Gespräch mit Innenminister Angelino Alfano, Vorsitzendem der Regierungspartei NDC, erklärte sich Renzi damit einverstanden, dass ein Politiker zum Nachfolger des zurückgetretenen Napolitano aufrücke.

Berlusconis Kalkül

Berlusconis Kalkül ist laut "Neue Zürcher Zeitung", dass der nächste Präsident in begnadigen könnte. Der 78-jährige Medienzar ist wegen Steuervergehen verurteilt, verlor seinen Parlamentssitz und kann nicht für ein öffentliches Amt kandidieren.

Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan, der öfters als möglicher parteiunabhängiger Fachmann für das Amt des Präsidenten gehandelt wurde, dementierte Interesse für den prestigereichen Posten. "Als Wirtschaftsminister bin ich sehr beschäftigt. Es ist jedenfalls eine Ehre, für den Präsidentenposten infrage zu kommen", sagte Padoan.

Chancen werden auch Roms ehemaligem Bürgermeister Walter Veltroni, Außenminister Paolo Gentiloni und dem Bürgermeister von Turin, Piero Fassino zugeschrieben. Spekuliert wird über die Möglichkeit, dass erstmals in der italienischen Geschichte eine Frau Staatsoberhaupt wird. Als mögliche Kandidatin gilt die Linkspolitikerin Anna Finocchiaro, Präsidentin des Verfassungsausschusses im Senat.

Renzi erklärte, seine Demokratische Partei (PD) werde eine einzige Person als Kandidaten vorschlagen. Die Präsidentenwahl findet in geheimer Abstimmung im Parlament statt. Bei den ersten drei Wahlgängen, bei denen eine Zweidrittelmehrheit für die Wahl des Staatsoberhaupts notwendig ist, sollen die PD-Parlamentarier einen leeren Stimmzettel abgeben.

Erst nach der vierten Abstimmung am Samstag soll für den gemeinsamen Kandidaten gestimmt werden, denn ab dieser Runde genügt die absolute Stimmenmehrheit für die Kür des neuen Präsidenten. Renzi äußerte die Hoffnung, dass schon am Samstag der neue Präsident gewählt werde.

An der Wahl des Staatspräsidenten in Rom nehmen die 630 Abgeordneten und 321 Senatoren sowie 58 Delegierte aus den 20 italienischen Regionen teil. Die Kandidaten werden von den Parteien vorgeschlagen. Renzis Demokratische Partei stellt 450 der 1.009 Mitglieder der Versammlung, die den italienischen Präsidenten wählt.