Soldaten vor Ort hätten laut Amnesty International mehrfach vor einem baldigen Großangriff der sunnitischen Terrormiliz Boko Haram auf die Städte Baga und Monguno im Nordosten des Landes gewarnt und Verstärkung angefordert, berichtete Amnesty am Mittwoch unter Berufung auf einen ranghohen Militärvertreter. Bei den Angriffen von Boko Haram starben allein in den vergangenen Wochen Hunderte Menschen.

Die Militärführung in der Hauptstadt Abuja habe die Hilferufe und Berichte über eine zunehmende Präsenz von Boko-Haram-Kämpfern vor den Angriffen ignoriert, zitierte Amnesty den Militärvertreter. Der Afrika-Direktor der Organisation, Netsanet Belay, sagte, das Versagen der Militärführung müsse ein Weckruf sein, mehr für den Schutz Hunderttausender Zivilisten im Nordosten zu tun.

Bei Anschlägen und Angriffen von Boko Haram sind in dem westafrikanischen Land Schätzungen zufolge seit 2009 mehr als 15.000 Menschen getötet worden. Die Gruppe will in der Region einen sogenannten islamischen Gottesstaat gründen. 

Um gegen die islamistische Miliz Boko Haram in Nigeria die Oberhand zu gewinnen, bedarf es nach den Worten eines ranghohen US-Militärs einer "riesigen internationalen und multinationalen Anstrengung". Die Geländegewinne der Islamisten seien besorgniserregend und die Zahl der vertriebenen Menschen "niederschmetternd", sagte der Leiter des Afrika-Kommandos der USA, David Rodriguez, am Dienstag.

Die politische und militärische Führung Nigerias müssten wirksamer auf die Bedrohung der Islamisten reagieren. Rodriguez äußerte die Hoffnung, "dass sie uns mehr und mehr helfen lassen". Der General äußerte sich beim Zentrum für strategische und internationale Studien, einer US-Denkfabrik.

US-Außenminister John Kerry hatte Nigeria bei einem Besuch in Lagos am Sonntag weitere Unterstützung im Kampf gegen Boko Haram angeboten. Das Land verfügt über die größte Armee in Westafrika, wird der Lage aber nicht Herr.

Die nigerianische Armee geht im Nordosten des Landes mit Bodentruppen und der Luftwaffe gegen Boko Haram vor - bisher aber wenig erfolgreich. Die Islamisten kämpfen seit Jahren mit Gewalt für ein Kalifat im armen und mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit dem Jahr 2009 soll die Gruppe bei Anschlägen und Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen mehr als 13.000 Menschen getötet haben.

Mehr als 14.000 Menschen sind unterdessen nach UN-Angaben seit Jahresbeginn vor der Gewalt der Extremistengruppe Boko Haram aus Nigeria in den benachbarten Tschad geflohen. Täglich kämen mehr als 770 Nigerianer an, teilte das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) am Mittwoch mit.

Angesichts der zunehmenden Angriffe der Islamisten im Norden Nigerias und möglicher Spannungen vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Februar dürfte die Zahl der Flüchtlingen weiter steigen, erklärte die UN-Behörde.

Die Gewalt im Nordosten Nigerias hat in den vergangenen Wochen ein bisher unerreichtes Ausmaß erreicht. Am Sonntag übernahmen Boko-Haram-Kämpfer die Kontrolle über die Stadt Monguno und deren Militärbasis am Tschadsee. Der Tschad rief die Länder der Region zum gemeinsamen Kampf gegen die Islamisten auf.

Boko Haram kämpft seit Jahren mit Gewalt für einen islamischen Staat im armen und mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit dem Jahr 2009 tötete die Gruppe bei Anschlägen und Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen mehr als 13.000 Menschen, 1,5 Millionen Menschen verloren ihr Heim.