Im Rennen um den dritten Platz bei den griechischen Parlamentswahlen lagen laut Exit Polls die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss) und die rechtsradikale Goldene Morgenröte gleichauf. Sie kommen jeweils auf 6,4 bis 8 Prozent. Die bisher mitregierenden Sozialisten landen laut Prognosen abgeschlagen bei 4,2 bis 5,2 Prozent.

Bei der mit Spannung erwarteten Parlamentswahl in Griechenland stimmen die Wähler am Sonntag in einer Richtungsentscheidung über den künftigen Kurs des hochverschuldeten EU-Landes ab. Knapp zehn Millionen Menschen waren zu den Urnen gerufen.

Syriza-Chef Alexis Tsipras zeigte sich am Wahltag zuversichtlich. "Heute entscheidet das griechische Volk, ob die harte Sparpolitik fortgesetzt wird oder ob das Land einen Neuanfang startet, damit die Menschen in Würde leben können", sagte er nach der Stimmabgabe in Athen. Wegen des riesigen Presseandrangs hatte Tsipras Schwierigkeiten, ins Wahllokal im Athener Stadtteil Kypseli zu gelangen.

Der konservative Regierungschef Antonis Samaras ging bereits früh am Morgen in der kleinen Touristen-Hafenstadt Pylos auf der Halbinsel Peloponnes wählen. Vom Ergebnis der Wahl hänge es ab, ob das Land "seinen europäischen Kurs fortsetzt", sagte er. Viele unentschlossene Wähler würden seiner Nea Dimokratia ihre Stimme geben, zeigte sich Samaras zuversichtlich.

Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias warnte, Griechenland stünden harte Jahre bevor. Er rief das griechische Volk auf, kühlen Kopf zu bewahren. Papoulias' Amtszeit endet Anfang März. Das neue Parlament wird auch die Aufgabe haben, einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Ende 2014 war die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts gescheitert. Aus diesem Grund wurde die vorgezogene Parlamentswahl notwendig.

In Griechenland hält das Wahlrecht einen besonderen Bonus für den Sieger bereit. 250 der 300 Sitze werden in einfacher Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen. Damit sollen die Chancen für die Bildung einer starken Regierung erhöht werden. Für den Einzug ins Parlament gilt eine Drei-Prozent-Hürde.

Im Land herrscht Wahlpflicht. Es wird jedoch nicht kontrolliert, ob die Menschen ihre Stimme abgeben. Die Wahllokale schließen um 18.00 Uhr (MEZ). Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet. Mit Hochrechungen wird etwa zweieinhalb Stunden später gerechnet.

Das laut Umfragen favorisierte Linksbündnis Syriza will den von den internationalen Gläubigern verordneten Sparkurs aufkündigen, was zu einem Ende der Hilfszahlungen und damit theoretisch zum Staatsbankrott führen könnte. Syriza lag in den jüngsten Umfragen mehrere Prozentpunkte vor der konservativen Nea Dimokratia des derzeitigen Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Tsipras will den von den internationalen Geldgebern verordneten Sparkurs beenden und einen weitgehenden Schuldenerlass erreichen. Samaras hält dies hingegen für unverantwortlich und warnt vor unvorhersehbaren Folgen für das Land. Sollte Tsipras seine Ankündigungen wahrmachen, drohe Griechenland der Ausstieg aus dem Euro, warnte der Regierungschef.

Allerdings betonte Tsipras im Wahlkampf immer wieder, seine Partei wolle Griechenland im Euro halten. "Unsere gemeinsame Zukunft in Europa ist nicht die Zukunft der Sparpolitik", sagte Tsipras am Sonntag, nachdem er in einem Wahllokal in Athen seine Stimme abgegeben hatte. "Es ist die Zukunft von Demokratie, Solidarität und Zusammenarbeit." Eine von Syriza geführte Regierung werde den Griechen "sozialen Zusammenhalt und Würde" zurückgeben.

Der 40-Jährige will vor allem einen weitgehenden Schuldenerlass der Gläubiger erreichen. Europartner sowie der Internationale Währungsfonds, die Athen in den vergangenen Jahren mit Milliardensummen vor dem Staatsbankrott bewahrten, sollen den Griechen einen Großteil der Schulden erlassen. Im vergangenen Jahr summierte sich der griechische Schuldenberg auf 177,7 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Syriza hofft bei der vorgezogenen Wahl auf eine absolute Mehrheit im Parlament. In jüngsten Umfragen kam die Partei aber auf höchstens 35,4 Prozent, damit würde sie die absolute Mehrheit knapp verfehlen. Syriza bräuchte also zur Regierungsbildung einen Koalitionspartner.

Samaras' konservative Nea Dimokratia kann den Umfragen zufolge mit maximal 30,8 Prozent der Stimmen rechnen. Am Wahltag gab er sich trotzdem zuversichtlich, "weil niemand den europäischen Kurs unseres Landes in Gefahr bringen wird". Die Wähler könnten für den weiteren Weg nach vorn oder für "das Unbekannte" stimmen, sagte Samaras nach der Stimmabgabe in Pylos auf der Halbinsel Peloponnes.

Drittstärkste Kraft könnte die Partei To Potami des früheren Fernsehmoderators Stavros Theodorakis werden. Sie ist sehr proeuropäisch und kommt aus dem Mitte-links-Spektrum. To Potami könnte theoretisch sowohl Syriza als auch der Nea Dimokratia die nötige Mehrheit im Parlament verschaffen.

Die sozialdemokratische Pasok, die drei Jahrzehnte die griechische Politik dominierte, wird den Umfragen zufolge bei nur rund fünf Prozent landen. Die rechtsextreme Goldene Morgenröte, deren Führung im Gefängnis sitzt, kann mit mindestens fünf Prozent rechnen. Mit ihr wollen aber weder Tsipras noch Samaras zusammengehen.