Mit einem Facebook-Aufruf hat ein 28-Jähriger aus Freiburg in seiner Stadt überraschend viele Tausend Menschen gegen die islamkritische Pegida-Bewegung auf die Straße gebracht. An Kundgebung und Demonstrationszug durch die Innenstadt nahmen am Freitag rund 20.000 Menschen teil, wie eine Sprecherin der Polizei sagte.

Die Proteste gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit unter dem Motto "Farbe bekennen" blieben den Angaben zufolge friedlich. Der 28-Jährige hatte vor einem Monat über die Internet-Plattform Facebook spontan dazu aufgerufen. Es schlossen sich Organisationen, Parteien und die Stadt Freiburg an.

Pegida-Kundgebung wird vorverlegt

Das islamkritische Pegida-Bündnis zieht indes seine traditionell für Montag in Dresden angekündigte Kundgebung auf Sonntag vor. Das bestätigte eine Sprecherin der Stadt der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Demnach hat Pegida für Sonntag eine Kundgebung mit 25.000 Teilnehmern angemeldet. Grund sei ein für Montag von der Gegenbewegung angekündigtes Open-Air-Konzert.

Am vergangenen Montag war die Pegida-Kundgebung wegen einer Terrordrohung von Islamisten gegen den inzwischen zurückgetretenen Pegida-Chef Lutz Bachmann abgesagt worden. Nach Angaben der Pegida-Führung soll die Versammlung am Sonntag um 14.30 Uhr auf dem Theaterplatz stattfinden. "Wir machen eine Ausnahme und treffen uns am Sonntag zum 13. Mal", teilten die Organisatoren auf ihrer Facebook-Seite mit.

Den verschobenen Termin begründeten die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" unter anderem damit, mögliche Zusammenstöße mit Gegendemonstranten zu vermeiden. Mehrere Protestveranstaltungen sind für Montag angemeldet.

SPD-Chef überraschend bei Debatte

Unterdessen nahm der Chef der deutschen Sozialdemokraten, Sigmar Gabriel, am Freitagabend völlig überraschend an einer Diskussionsveranstaltung mit Pegida-Anhängern in Dresden teilgenommen. Zu der Gesprächsrunde unter dem Titel "Wir müssen reden" hatte die sächsische Landeszentrale für politische Bildung eingeladen.

Gabriel sagte, er sei als Privatmann gekommen um zuzuhören. Nach der Veranstaltung, an der etwa 200 Bürger teilnahmen, diskutierte er etwa eine Stunde lang auch mit Anhängern der islamkritischen Pegida.

Unterdessen ist in Deutschland eine Diskussion über die Verwendung von Deutschlandsfahnen durch die Pegda-Bewegung entbrannt. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière ärgert sich offenbar, wenn die Nationalfarben für die Zwecke der Pegida-Bewegung genutzt werden. "Ich möchte nicht eine Demonstration sehen, wo ein Kreuz in Schwarz-Rot-Gold so beleuchtet ist, dass es mich an den Ku-Klux-Klan erinnert", sagte der CDU-Politiker bei einer Podiumsdiskussion zur Frage "Was will das Volk?" in Dresden.

"Das kann ein Strohfeuer sein"

Der Sozialwissenschaftler Ulrich Wagner (Universität Marburg) weiß um die Bedeutung von Flaggen für bestimmte Gruppen. "Man versammelt sich sozusagen hinter der Fahne." Welche Bedeutung Pegida für das Nationalsymbol hat, hängt von der Entwicklung der Bewegung ab. "Das kann ein Strohfeuer sein." Wenn die Fahne auf Dauer "okkupiert" werde, könne das für manche Menschen einen Bedeutungswechsel bringen - sie würde aus ihrer Sicht noch konservativer, so Wagner.

Bei jungen Politikern ist das Verhältnis zur Fahne geteilt. Die Grüne Jugend ist kritisch. "Das teils sehr unverkrampfte Auftreten mit Nationalsymbolen in den vergangenen Jahren hat dazu beigetragen, dass Nationalismus wieder stärker akzeptiert wird", sagt Sprecher Erik Marquardt. Wichtig sei ihnen, für eine weltoffene Gesellschaft einzutreten, wie es in den vergangenen Wochen viele zehntausend Menschen gegen Pegida gemacht hätten - ganz ohne Nationalfahnen.

Die Junge Union schreibt sich einen "aufgeklärten Patriotismus in Deutschland" auf die Fahnen. Den grenzt sie "bewusst und ausdrücklich von nationalistischem Gedankengut und einigen ausländerfeindlichen Parolen von Pegida" ab. So formuliert es der Bundesvorsitzende Paul Ziemiak. "Ich denke nicht, dass Pegida die Kraft hat, dem Verhältnis der Deutschen zu ihrer Hymne oder ihren Nationalfarben zu schaden."

In Österreich würde Mehrheit nicht teilnehmen

Laut einer Profil-Umfrage kann sich übrigens eine Mehrheit von 69 Prozent der Österreiche nicht vorstellen, an den Protesten der österreichischen Pegida-Bewegung teilzunehmen. Immerhin jeder Fünfte (21 Prozent) zeigt aber eine gewisse Bereitschaft, sich den Protesten anzuschließen. Laut der vom Meinungsforschungsinstitut Gallup durchgeführten Umfrage wollen 25 Prozent der Befragten - im Sinne der Pegida - schärfere Vorkehrungen gegen eine Islamisierung treffen. 22 Prozent stehen allerdings auf der Seite der Gegendemonstranten und finden, die offene Gesellschaft müsse verteidigt werden