Am Sonntag wählt Kroatien einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Ivo Josipovic stellt sich am 28. Dezember der Wiederwahl und hat laut Umfragen die besten Chancen, gegen seine Herausforderer aus dem konservativen Lager, zu gewinnen. Mit Kolinda Grabar Kitarovic könnte Josipovic in die Stichwahl am 11. Jänner kommen. Beide Kandidaten gingen auf Distanz zu ihren Parteien.

Sechs Jahre kein Wachstum

Josipovic ist Kandidat der regierenden Mitte-Links-Koalition, die nach drei Jahren an der Macht, wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage in Kroatien, zusehends an Popularität verliert. 2014 ist das sechste Jahr in Folge, in dem Kroatien kein Wirtschaftswachstum verzeichnet.

Herausfordererin Grabar Kitarovic von der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) versuchte im Wahlkampf, Josipovic und die Regierung für die Misere im Land verantwortlich zu machen und damit zu punkten. Doch in der Kampagne, die Beobachter als inhaltsleer bezeichneten, boten diese beiden Kandidaten, beide ruhigen und zurückhaltenden Charakters, keine spannenden Auseinandersetzungen.

Ihre Angriffe in den Wahlkonfrontationen wirkten aufgesetzt, inhaltlich beschränkten sie sich auf populistische Phrasen. Sogar die übliche ideologische Teilung in Linke und Rechte, Ustasche und Partisanen, Katholiken und Jugoslawen, die in keinem kroatischen Wahlkampf fehlen darf, fiel müde aus. Dafür sorgten Milan Kujundzic und Ivan Sincic für etwas Kampfstimmung.

Der Mediziner Kujundzic, ein ehemaliges HDZ-Mitglied, buhlt als angriffslustiger Vielredner um die Stimmen von Grabar Kitarovics Wählern, während Sincic, mit 24 Jahren der jüngste Präsidentschaftskandidat, dem politischen Rennen eine alternative Note gab. Als Kandidat der Partei "Lebende Wand", die sich vormals als Verein für Bürger einsetzte, denen eine Delogierung drohte, will Sincic diejenigen ansprechen, die das politische System satthaben. Seine politische Ausrichtung ist entgegen des Eindrucks, ein linker Aktivist zu sein, eher christlich-sozial.

Wahlkampf als "Show"

"Eine Show" nannte der Politologe Andjelko Milardovic den Kampf um das fünfjährige Präsidentschaftsamt und konstatierte, dass die Versprechen der Wahlprogramme die Befugnisse eines Präsidenten überschreiten. "Das sind keine Parlaments-, sondern Präsidentschaftswahlen", erinnerte er in seiner Analyse.

Dass der Wahlkampf die Bürger trotz allem interessiert, beweisen die Zuschauerzahlen bei den TV-Konfrontationen. Sie zogen bisher mehr Zuschauer an, als Qualifikationsspiele der kroatischen Nationalmannschaft, stellten Medien belustigt fest. Während Josipovic und Grabar Kitarovic, die den Wahlkampf der Einfachheit halber mit ihrem Vornamen Kolinda bestritt, noch für Spannung im zweiten Wahlgang in zwei Wochen sorgen könnten, geht es bei Kujundzic und Sincic um den dritten Platz.

Zwei unterschiedlichen Umfragen zufolge erreicht der jeweils andere die drittbeste Position. Für Josipovics vorhergesagten Wahlsieg wird laut Analytikern entscheidend sein, ob er seine Wähler mobilisieren kann. In der Wählermotivation hatte bisher die HDZ die Nase vorn. Gewinnt Josipovic, könnte das auch dem Image der Regierung unter Premier und Chef der Sozialdemokraten Zoran Milanovic zugutekommen.

Kein Indikator für Parlamentswahlen

Der Präsident und Milanovic, der nach dem Wahlsieg 2011 alle seither stattgefundenen Wahlen verloren hatte, haben sich in den vergangenen Monaten entfremdet. Um das Verhältnis zwischen Grabar Kitarovic und HDZ-Chef Tomislav Karamarko steht es aber auch nicht zum Besten. Die Positionen der Präsidentschaftskandidatin wichen teilweise sehr von jenen der rechtskonservativen Partei ab.

Kommentatoren in Kroatien sind sich einig, dass die Präsidentschaftswahlen nicht als Stimmungsbild für die Parlamentswahlen, die regulär erst Ende 2015 stattfinden, herhalten können. Obwohl die HDZ in Umfragen nun führt, ist die Öffentlichkeit noch nicht von Karamarko als zukünftigem Premier überzeugt. Er wechselt sich regelmäßig mit Milanovic an der Spitze der unbeliebtesten Politiker ab. Bereits jetzt zeigt sich jedoch, dass Parteien abseits des Mainstreams, etwa jene des Kandidaten Sincic und andere Neuerscheinungen auf der politischen Bühne, an Zuspruch gewinnen. Sie könnten für künftige Koalitionen zum entscheidenden Faktor werden.