Hinter dem unauffälligen Namen "Büro 121" verbirgt sich wohl eines der am besten gehüteten Geheimnisse Nordkoreas. Überläufer aus dem kommunistischen Staat berichten, es handle sich um eine Schmiede für hochintelligente Hacker, die zum Cyber-Angriff gegen den südlichen Nachbarn, aber auch die USA und andere nicht befreundete Länder blasen.

Ein Schlaglicht auf nordkoreanische Hacker-Aktivitäten wirft die Attacke auf das Sony-Filmstudio in Hollywood. US-Präsident Barack Obama macht die Führung in Pjöngjang für den Angriff verantwortlich, was Nordkorea als Verleumdung zurückweist.

"Sie sind handverlesen", sagt der Informatik-Professor Kim Heung Kwang, der sich vor zehn Jahren aus dem Norden nach Südkorea absetzte, mit Blick auf die nordkoreanische Hacker-Elite. "Für sie ist es eine große Ehre." Einer von ihnen war Jang Se-yul, der seine Heimat im Norden vor sechs Jahren verließ. Die Hacker, die im Auftrag des Militärgeheimdienstes tätig sind, seien hochbegabt und würden zum Teil schon im Alter von 17 Jahren rekrutiert, erzählt Jang. Im "Büro 121" seien insgesamt rund 1.800 Cyber-Krieger versammelt - sie stellten die Elite des Militärs dar und gehörten zu den besten Verdienern in dem verarmten Staat. "Sie sind reiche Leute." Manche seien in der Universität für Automation in der Hauptstadt Pjöngjang ausgebildet worden - auf einem Campus, der von der Außenwelt mit Stacheldraht streng abgeschottet ist.

"Geheimer Krieg"

Die Hacker-Armee ist Jang zufolge auch im Ausland im Einsatz. Getarnt als Mitarbeiter etwa von nordkoreanischen Handelsfirmen starteten sie von dort ihren virtuellen Kampf, der in Nordkorea unter dem Namen "Geheimer Krieg" bekannt sei.

Nordkorea habe nichts mit dem Hacker-Angriff auf Sony zu tun, beteuert die Regierung in Pjöngjang. Die US-Filmtochter des japanischen Konzerns hatte ursprünglich geplant, zu Weihnachten eine Komödie über fiktive CIA-Pläne zur Ermordung des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong-un in die Kinos zu bringen. Nach Anschlagsdrohungen gegen Kinos zog es die Pläne jedoch zurück.

Kriegsakt

Nordkorea hatte den Film als Kriegsakt bezeichnet. Das Computersystem des Filmstudios war Ende November Experten zufolge mit einem besonders aggressiven Virus infiziert worden. Vertrauliche Firmenunterlagen wurden gestohlen. Der US-Bundespolizei FBI zufolge wurden bei dem Datenklau Programme eingesetzt, wie sie bereits zuvor von nordkoreanischen Hackern bei Angriffen in Südkorea verwendet wurden.

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 30.000 Computer in südkoreanischen Banken durch Schadsoftware lahmgelegt. Monate später geriet die Webseite der Regierung ins Visier von Hackern: Auf der Homepage des Präsidialamts war zu lesen: "Lang lebe General Kim Jong-un - Präsident der Wiedervereinigung."

USA bittet China um Hilfe

Nach dem Nordkorea zugeschriebenen Hackerangriff auf Sony Pictures haben die USA der "New York Times" zufolge China um Unterstützung gebeten. Peking solle helfen, künftige nordkoreanische Cyberattacken zu blockieren. Eine Zusammenarbeit mit China habe entscheidende Bedeutung, weil praktisch die gesamte Telekommunikation Nordkoreas über von China betriebene Netzwerke laufe.

Bisher sei keine Antwort aus Peking gekommen, berichtete die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf US-Regierungsbeamte. Es sei unklar, ob China helfen werde, da es auch zwischen Washington und Peking Spannungen wegen Cyberaktivitäten gebe. Das US-Justizministerium hatte im Mai fünf Hacker angeklagt, die wichtige Daten von US-Firmen gestohlen und für das chinesische Militär gearbeitet haben sollen.

Sony Pictures hatte nach dem Hackerangriff und Drohungen gegen Kinos die Premiere eine Filmsatire abgesagt, in der Journalisten beauftragt werden, Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu töten. US-Präsident Barack Obama hat eine "angemessene Antwort" auf den Cyberangriff angekündigt.