Der schlimmste Terroranschlag der jüngeren Geschichte hat die Australier im Mark erschüttert. Das Entsetzen über die Gewalt ist groß, die Trauer über die Opfer immens, aber mit jeder neuen Information über den Täter wächst vor allem die Angst: wenn die Sicherheitsbehörden die Gesellschaft nicht vor so einem gefährlichen Mann schützen können - wie sicher können die Australier sich dann noch fühlen?

Welche Alarmzeichen sind übersehen worden?

DIE BRIEFE: Der Geiselnehmer Man Haron Monis (50), der am Montag in Sydney ein Café überfiel und 17 Geiseln stundenlang terrorisierte, hat nicht nur Hassbriefe an Familien gefallener australischer Soldaten geschrieben. Er schrieb auch an Regierungschefs und Politiker und schimpfte über den Anti-Terror-Krieg im Nahen Osten, wie jetzt ans Licht kommt.

DIE WEBSEITE: Monis schwadronierte unter www.sheikhharon.com über den Anti-Terror-Krieg und die Pflicht von Muslimen, gegen Unterdrückung und "den Terrorismus der USA" zu kämpfen. Die Seite ist geschlossen.

DIE WARNUNGEN: Die schiitische Gemeinde alarmierte nach eigenen Angaben die Polizei, weil ihr der Mann, der sich als Prediger ausgab, verdächtig vorkam - es sei aber nie etwas passiert, sagt sie.

DAS KRIMINELLE VERHALTEN: Monis stritt mit seiner Exfrau um das Sorgerecht für die Kinder, als die Frau 2013 auf offener Straße mit einem Messer attackiert und angezündet wurde. Sie starb. Monis hatte ein Alibi, wurde aber wegen Beihilfe angeklagt. Monis stand auch wegen Gewalt gegen Frauen unter Anklage: er soll mehrere Frauen vor Jahren in seiner Rolle als Heiler sexueller belästigt haben.

Wer hat versagt?

DER GEHEIMDIENST: Er hatte den Mann schon 2008 im Visier, ließ dann aber von ihm ab, wie sich herausstellt. "Der Geheimdienst hat ihn auf dem Radar, und ich habe wirklich keine Ahnung, wie er da rausfallen konnte", sagte Regierungschef Tony Abbott am Mittwoch.

DIE ASYLBEHÖRDEN: Sie gewährten dem Iraner 1996 Asyl, obwohl sein Heimatland nach eigenen Angaben warnte, dass der Mann wegen Finanzbetrügereien gesucht wurde und sich fälschlich als Prediger ausgab. Der Iran beantragte die Auslieferung. Auf welcher Basis der Mann ein Aufenthaltsrecht bekam, ist unklar.

DIE SOZIALBEHÖRDEN: Sie finanzierten Monis jahrelang durch Sozialhilfe, obwohl er in der Lage gewesen wäre, zu arbeiten, wie Abbott sagte. "Ich bin so sauer wie alle Australier, dass so jemand jahrelang auf unsere Kosten leben konnte", sagte Abbott.

DIE ORDNUNGSBEHÖRDEN: Sie entzogen ihm trotz Verurteilung wegen der Hassbriefe nicht die Waffenlizenz.

DER GESETZGEBER: Er ermöglichte Monis Freiheit, weil er die Auflagen lockerte, um unter Kaution in Freiheit zu bleiben. Das sollte Gefängnisse entlasten und Geld sparen.