Kurz vor dem Besuch von Papst Franziskus heute in der Türkei hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan seine Kritik am Westen bekräftigt. Vor Vertretern der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) sagte Erdogan in Istanbul, "jene, die von außen in die islamische Welt kommen, mögen Öl, Gold und Diamanten, sie mögen billige Arbeitskräfte, und sie mögen Zwist und Streit. Aber, glauben Sie mir, uns mögen sie nicht." Erdogan fügte demnach hinzu: "Jene, die von außen kommen, schauen uns an wie Freunde, aber sie erfreuen sich an unserem Tod und an dem unserer Kinder."

Der Papst wird heute zu einem dreitägigen Besuch in der Türkei erwartet. In Ankara spricht Franziskus unter anderem mit Erdogan. Der türkische Präsident hatte in jüngster Zeit mehrmals westliche Interventionen in Nahost und in Afrika als rein gewinnorientiert bezeichnet. Am Donnerstag beklagte Erdogan auch, er sei nach seinen umstrittenen Äußerungen zur angeblichen Entdeckung Amerikas durch Muslime zur Zielscheibe der internationalen Medien geworden.

Entdeckung "wissenschaftlich belegt"

Erdogan hält an seiner Auffassung fest, dass seine Glaubensbrüder Amerika entdeckt haben, und unterstellt Kritikern dieser Sichtweise ein psychologisches Problem. "Nur weil ich ein durch wissenschaftliche Forschung belegtes Faktum wiederholt habe, werde ich angegriffen von westlichen Medien und Fremden unter uns, die an einem Ego-Komplex leiden", sagte Erdogan bei einem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Istanbul. Mit den Fremden meinte er offensichtlich prowestliche Türken.

"Sie wollen nicht, dass wir Dinge hinterfragen", fuhr Erdogan fort. Als Beweis für seine These von der Entdeckung Amerikas durch Muslime führte Erdogan einmal mehr an, dass Christoph Kolumbus, der allgemein als Entdecker des amerikanischen Kontinents betrachtet wird, in seinem Reisetagebuch von einer Moschee an der Küste des heutigen Kubas berichtet habe.

Bei einem Gipfeltreffen mit lateinamerikanischen Muslimen vor knapp zwei Wochen in Istanbul hatte der türkische Präsident behauptet, dass muslimische Seeleute Amerika schon 1178 entdeckt hätten. Den meisten Geschichtsbüchern zufolge entdeckte der aus Genua stammende Seefahrer Kolumbus hingegen 1492 auf der Suche nach einer westlichen Passage gen Indien den amerikanischen Kontinent.

In einem umstrittenen Artikel hatte der Historiker Youssef Mroueh bereits 1996 Kolumbus' Tagebucheintrag zur angeblichen Moschee-Sichtung zitiert. Kollegen weltweit interpretieren diese Textpassage jedoch anders: Nach ihrer Auffassung nutzte Kolumbus die Moschee bloß als bildhaften Vergleich zur Beschreibung einer Hügelkette.