Zwanzig Meter groß steht sie da und formt mit den Fingern ein Herz: In Übergröße strahlt Kim Yu-na, Eiskunstlaufstar und international das berühmteste Gesicht Südkoreas, von Seouls Rathaus. "Die Zukunft der Welt öffnet sich in Korea" lautet der Slogan, mit dem die Schlittschuhprinzessin für das wichtigste Ereignis wirbt, das ihr Land seit den Olympischen Spielen von 1988 ausrichtet: Am Donnerstag und Freitag treffen sich die Regierungschefs der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, um über weitere Reformen des globalen Wirtschaftssystems zu beraten.

Seit Wochen ist der G20-Gipfel das bestimmende Thema der koreanischen Medien. Die Südkoreaner, die sich von der Welt chronisch unterbeachtet fühlen, wollen die geballte internationale Aufmerksamkeit für einen Imagesprung nutzen. Bisher leidet das Land darunter, dass seine Produkte auf dem Weltmarkt zwischen "Made in China" und "Made in Japan" angesiedelt werden, also weder als besonders billig noch als besonders gut gelten. "Wir arbeiten hart daran, Koreas Markenwert zu verbessern", sagt Seouls Bürgermeister Oh Se-hoon. "Der G20-Gipfel bietet uns die Chance zu zeigen, dass wir in vielerlei Hinsicht Weltklasse sind, zum Beispiel bei Umwelttechnologien, Infrastruktur und Design."

Limousinen

Alle großen südkoreanischen Konzerne geben sich Mühe, die globalen VIPs zu beeindrucken: Hyundai etwa stellt den Mächtigen seine Luxuslimousine Equus zur Verfügung. US-Präsident Barack Obama bringt allerdings wie üblich sein eigenes Auto, einen Cadillac, mit und auch Russlands Präsident Dmitrij Medwedew lässt einen gepanzerten Mercedes aus Moskau einfliegen.

Übertroffen werden die Werbebemühungen nur noch durch den Sicherheitsaufwand. Seit Montag gilt in Seoul die höchste Alarmstufe. 45.000 Polizisten und Soldaten sichern den Konferenzkomplex, Hotels und Botschaften. Die Vorsicht ist nicht unbegründet: Südkoreanische Globalisierungsgegner haben den Ruf, besonders gewaltbereit zu sein - und sie wollen sich das Heimspiel nicht entgehen lassen. Im Spezialeinsatz werden auch sechs Goldfische sein: Die sensiblen Tiere sollen - unter Einsatz ihres Lebens - die Wasserqualität der Toiletten überprüfen. Für die Toiletten wird in dem Kongresszentrum nämlich nur wiederaufbereitetes Wasser genutzt. Was passiert, wenn ein Fisch "Bauch oben" in der Schüssel treibt, ist allerdings nicht bekannt.

Für einen echten Erfolg braucht der Gipfel vor allem eines: politischen Konsens. Davon ist bisher wenig zu sehen. Seit Monaten eskaliert der Streit um Protektionismus und Währungsmanipulation. Vor allem China steht wegen des künstlich billigen Yuan am Pranger - allerdings nicht mehr alleine, seitdem die US-Notenbank vergangene Woche 600 Milliarden Dollar ins System gepumpt hat. Eine gemeinsame Linie bei den globalen Handelsungleichgewichten ist ebenso wenig zu erwarten. In dem gemeinsamen Kommuniqué der Regierungsoberhäupter, über dessen Formulierungen Vertreter aller Länder bereits seit Montag in Seoul verhandeln, werden deswegen wohl bereits erzielte Erfolge noch einmal neu verkauft werden müssen. Vor allem die Ende Oktober von den Finanzministern erzielte Einigung zur Stimmrechtsreform im Internationalen Währungsfonds wollen sich die Chefs selbst auf die Fahnen schreiben.